Gottesdienste im AWO und in St. Johannis - 15. Sonntag nach Trinitatis - 09.09.2018

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AWO, St. Johannis

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Lebenszeit ist wertvoll"

Liebe Gemeinde, 

Wie schnell doch die Zeit vergeht. Gerade erst haben die Sommerferien begonnen und schon beginnt in der kommenden Woche das neue Schuljahr. Wie lange haben wir uns auf den Urlaub gefreut – und jetzt ist er schon wieder vorbei. 

Wie lange habe ich auf den Besuch meiner Enkelin gewartet und jetzt ist der Besuch schon wieder vorüber. Ja immer wieder haben wir das Gefühl: Die Zeit rennt. 

Und auch das passiert uns manchmal, „Ach du liebe Zeit, das ist ja schon morgen!“ wenn uns ein leichter Schrecken in die Glieder fährt und einem ein ums andere Mal  bewusst wird, dass man Zeit auch unterschätzt, so als habe man genug davon. 

Ja, Zeit ist etwas wertvolles. Darauf weist uns der Apostel Paulus in unserem heutigen Predigttext hin: Er steht im Brief an die Galater 25 in den Kapiteln 5,25 bis 26; 6,1-3.7-10: Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln. Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden. Brüder und Schwestern, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid. Und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann. 

Liebe Gemeinde, 

ja, Lebenszeit ist wertvolle, wichtige Zeit. Man spürt es, wenn einmal viel zu langsam vergeht, etwa beim Warten auf einen lieben Menschen oder auf einen wichtigen Anruf, eine dringende Lieferung und wir spüren auch, ja ärgern uns darüber, wenn sie uns gestohlen wird, etwa wenn eine Telefonnummer ständig besetzt ist, wir uns in Warteschleifen aufhalten. (Wenn man auf den Arzt wartet) 

Zeit ist uns von Gott geschenkt anvertraut und Gott möchte, dass wir sie mit Gutem füllen. Paulus verwendet dazu den Begriff „Geist“ zur Verdeutlichung wenn er sagt: „Lasst uns im Geist wandeln“. Es geht dabei nicht um ein Leben in geistiger Höhe, abgehoben, verklärt verzückt. Nein, es geht darum, dass wir zu Christus gehören dürfen und gehören sollen und dass unser Leben und was wir daraus machen etwas vom Geist Christi widerspiegelt, dass unser Leben von diesem Geist geprägt ist und dass das auch sichtbar wird. 

Das ist nicht selbstverständlich und nicht immer leicht. Zeit die wir haben ist immer auch gefährdet. Und das hat viel mit unserem Verhalten zu tun. Auch das weiß Paulus, wenn er davor warnt, dass Menschen nach „eitler Ehre trachten“. Also viel daransetzten, vor anderen Menschen gut dazustehen, besser sein wollen als andere. Auf den Splitter in den Augen unseres Gegenübers hinweisen und den Balken im eigenen Auge nicht erkennen (wollen). So hat es Jesus formuliert. 

Ja, da müssen wir uns doch immer wieder an die eigene Nase fassen, wenn wir über diesen unmöglichen Verteilteilnehmer schimpfen und geflissentlich vergessen, dass wir ja auch erst einen Strafzettel kassiert haben. Wie oft reden wir über andere ehr Schlechtes als Gutes. Und wie oft beten wir mit dem Pharisäer „ich danke dir Gott, dass ich nicht so bin wie dieser“. 

Selbstbetrug nennt das Paulus, wenn einer denkt er sei etwas Besseres, etwas Besonderes, obwohl das nicht der Fall ist. Machen wir uns deutlich: Wir alle sind auf Gottes Gnade angewiesen. Und Paulus wird durchaus konkret, wenn er darauf hinweist, wie mit dem umzugehen ist, was uns an anderen nicht gefüllt: Er schreibt: „Brüder und Schwestern, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid. Und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. 

Da steckt eine weise Erfahrung dahinter nämlich, dass ein von oben herab zurechtweisen eines Anderen, abkanzeln wie man so schön sagt in aller Regel nichts bringt. Unser Gegenüber wird sich ehr trotzig zurückziehen, auf Durchzug schalten. 

Paulus Rat, seine Regel lautet: Helft einander „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Tragt die Last mit, die der andere hat, oder auch die Last, zu der er selber geworden ist. Und manchmal, das will ich nicht verschweigen, kann so ein Tragen, ein mittragen, auch ein ertragen sein. Alles kein Grund überheblich zu werden, sich etwas auf seine Opferbereitschaft einzubilden, kein Grund sich besser zu fühlen. „Pass auf“ schreibt Paulus, du kannst selber plötzlich so eine Last sein, du kannst selber von einem Fehlverhalten ereilt werden. Wie schnell kann es gehen, und die braucht selber einen, der deine last mitträgt. 

Kommen wir noch einmal zur Zeit und zum Umgang damit. Zum Leben, zu unserem Leben hier auf dieser Erde, gehört es dass wir auch schuldig werden. Schuldig aneinander, schuldig aber auch an der Zeit die wir zur Verfügung haben und die wir so oft mit Lappalien, unsinnigen Streitereien verplempern. Wir werden schuldig an der Zeit, die wir uns selbst verderben, etwa mit ewigen Nachtragen alter Geschichten, nicht bereit zur Versöhnung. Ewiges Beleidigt sein. 

Es stimmt doch: Weil wir alle unvollkommene Menschen sind, brauchen wir doch alle Gotte s erbarmen und auch die Geduld und die Nachsicht anderer Menschen, wie auch andere unsere Geduld und Nachsicht brauchen. „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ Davon leben wir. Gott dabei hat uns nicht so entworfen, dass wir mit allem allein zurechtkommen müssen, wenn wir unser Leben mit allen seinen Anforderungen, und manchmal auch Mühen alleine meistern müssen oder sollen. 

Wir müssen nicht alles können, nicht alles gut machen, nicht immer wissen wie es geht. „Das weis ich schon selber“ ist kein besonders kluger Spruch. Ich darf Hilf annehmen, mir helfen lassen beim tragen meiner Lasten. Und wir dürfen anderen unsere Hilfe anbieten, Lasten mittragen, abnehmen. Es geht dabei nicht um einfaches Mitleid. Mitleid kann man auch aus Distanz haben. Mit den hungernden Kindern, mit den heimatlosen Flüchtlingen………. 

Der Geist Christi ersetzt das Mitleid durch das Mitleiden. Mitleid kostet nichts. Mitleiden kostet viel: Zeit, Geld, Geduld, konkrete Liebe. Vielleicht auch Verzicht oder Nachgeben. Bei Jesus bedeutet dieses mitleiden in letzter Konsequenz den Tod am Kreuz. 

„Lasst uns Gutes Tun und nicht müder werden“ so schreibt Paulus. Das strahlt aus. Jeder von uns hat ein Maß an Zeit, sein Leben und sein Tun immer mehr im Geist Jesu Christi zu gestalten. 

Der Bibeltext sagt es uns in einem Bild: Unser Leben ist wie das Leben auf einem Acker. Da wir gesät und geerntet. Da gibt es sonnige und verregnete, trübe Tage. Da wächst manchmal Unkraut und es mag Unwetter oder Nachtfröste geben. 

Diese ganze Leben geschieht unter Gottes Augen. Der ist ein lieber, gütiger Gott, der um uns und unsere Schwachheiten weiß. Er ist aber kein harmloser Gott, dem man ohne Folgen den Rücken zuwenden kann. 

Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. So schreibt Paulus. Die Ernte hängt davon ab, was gesät worden ist. Wer Liebe sät wird Liebe ernten. Wer Hartherzigkeit sät, wird Hartherzigkeit ernten. Wer gegen alle und alles misstrauisch ist, dem wird Misstrauen entgegenkommen. Unser Handeln hat Konsequenzen. Immer. Zwischen Saat und Ernte liegt viel Zeit. So auch in unserem Leben. 

„Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun“, so mahnt uns das Bibelwort. Und dabei wissen wir und können mit dem Psalmbeter einstimmen wenn er erkennt: „Meine Zeit steht in deinen Händen“.

AMEN

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