Gottesdienst zum 1. Weihnachtsfeiertag in St. Johannis

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St. Johannis

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Schenken könnte
heilsam sein"

Gnade sei mit euch und Friede, von dem der da war, der da ist und der der da kommt.

Wir wollen in der Stille um Gottes Segen für sein Wort bitten. ……                                Amen.

Liebe Festgemeinde! So muss man das heute sagen, liebe Weihnachtsfestgemeinde.

Wie haben Sie den Heiligen Abend gestern verbracht, Feierlich und fröhlich, geruhsam und besinnlich? Mit der Familie oder allein? Haben Sie den Abend genossen, stimmungsvoll mit Weihnachtsgeschichte und Weihnachtsliedern. Oder  war es vielleicht gar nicht so harmonisch? Haben andere Aspekte eine größere Rolle gespielt, als Sie es wollten?

Und wie steht es um die Geschenke? Haben Sie sich darüber gefreut, dass Sie schöne Geschenke bekommen haben oder dass Sie schöne Geschenke machen durften.  Oder hat Sie dieser Geschenkstress  mehr aufgeregt und genervt?

Haben Sie vielleicht manchmal gedacht: muss denn das sein mit diesen Geschenken? Ja niemanden vergessen, ja das richtige finden.

Ich mag ein kleines Gedicht von Robert Gernhardt, in dem er diesen Geschenkerummel und die Geschäftemacherei aufs Korn nimmt:

„Ich bin Erika.
Jetzt kommt Weihnachten.
Ich schenke Vati ein Tischfeuerzeug für 22,50 €
Vati schenkt Michael Tischtennisschläger zu 22 €.
Michael schenkt Mutti eine Schälmaschine zu
19,70 €.
Mutti schenkt mir CDs im Wert von 18 €.
4,50 € muss ich noch bekommen.
Von wem?
Ich bin so gespannt auf Weihnachten.“

Ich selbst schenke gerne und ich lasse mich auch gerne beschenken. Ich freue mich auf die Bescherung. Natürlich wenn das gegenseitige Schenken nicht zum Zwang verkommt.  

Ich schenke gerne, denn das Schenken ist ein Gegenmodell zum Verdienen, zum sich etwas erarbeiten.

Sich beschenken zu lassen passt gar nicht so gut in unsere Gesellschaft, in der alles seinen Lohn und seinen Preis. Da, wo man eigentlich für  alles bezahlen muss. Ehrlich und ohne Berechnung Schenken und beschenkt werden,  könnte geradezu ein wirtschaftliches  Gegenmodell zum „alles muss sich rechnen Gedanken“ heutiger Zeit werden.

Schenken könnte geradezu heilsam sein, ,weil es den Teufelskreis von Leistung und Anerkennung durchbricht. Heilsam, weil wir dann spüren: Wir sind nicht geliebt, weil wir dieses oder jenes geleistet haben, sondern weil wir so sind, wie wir eben sind.

Wenn Schenken nicht eine Pflicht ist, die man lästig zu erfüllen hat, dann kann man damit zeigen: ich habe dich lieb, ich mag dich, ich möchte dir eine Freude machen, nicht weil Du das verdient hast, sondern weil ich dir zeigen will: ja, du bist mir recht, du gefällst mir, Dieses vorbehaltlose Ja tut unendlich gut. Und darum passt das Schenken eben auch so gut zu Weihnachten. Das macht unser Predigttext deutlich.

Text: Titus 3,4-7 

4. Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, 5 machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit - durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist,
6 den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, 7 damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.

Ich gebe zu, dieser Text ist erst mal ziemlich trockener Stoff. Er so gar nichts mehr von der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium, die wir kennen und mögen.

Keine Engel, keine Hirten, keine Josef und keine Maria, kein Jesuskind in der Krippe im Stallt von Bethlehem.

Im Grunde will er uns aber dieser Text nichts anderes sagen als der Evangelist Lukas in seiner wunderschönen Geburtsgeschichte, die wir vorhin gehört haben.

Was in der Erzählung von Bethlehem so schön ausgeschmückt wird, fasst Paulus in einem einzigen Satz zusammen:  Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands

Und das, liebe Festgemeinde, ist das Geschehen von Weihnachten: Die Freundlichkeit und die Menschenliebe Gottes sind erschienen. Gott liebt die Menschen so, dass er seinen Sohn hat Menschen werden lassen. Ist eine größere  Freundlichkeit und Menschenliebe denkbar?

Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands

Aber Paulus bleibt nicht dabei stehen, sondern macht – deutlicher als Lukas – klar, was das für uns Menschen bedeutet, die Freundlichkeit Gottes.

. „Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, macht uns selig

damit machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit.

Wir merken schon: An Weihnachten bekommt, dieser grundlegende Glaubenssatz, mit dem unser Glaube steht und fällt,  leibhaftige, menschliche Gestalt.

Dass wir vor Gott nicht gerechtfertigt, erlöst, befreit (selig übersetzt es die Bibel) sind aus all unseren Verstrickungen im Leben dieser Welt sind, weil wir gut sind, weil wir etwas leisten, weil wir es uns verdient hätten.  Wir könnten es nicht einmal ansatzweise!

Nein. Auch wir alle, im Grunde ganz rechtschaffene Leute sind: vor Vor Gott lässt sich damit das gar nichts verdienen. ER Gott, er kennt uns doch besser, besser als wir selbst uns kennen und erst recht besser  all das, was wir vielleicht andern glauben machen möchten,  Nein, so toll sind wir wirklich nicht, dass wir vor Gott gerecht dastehen würden! Aber was nun?

Im Grunde ist genau so wie mit den Geschenken. Man kann sie sich nicht verdienen, keinen, wie auch immer begründeten Anspruch erheben.

Die Weihnachtsgeschichte macht dies ganz klar. Das Weihnachtsgeschehen, das Kommen des Retters der Welt ,Jesus Christus, unser Heiland, gescheit außerhalb der gewohnten Strukturen, außerhalb des üblichen,  weltlichen Rahmens wo viel zu oft Arbeit und Leistung  Verdienst begründen.

Die armselige Geburt in einem Stall, weit entfernt von den Strukturen der Macht, mit ihren Mächtigen und den untertänigen Lakaien. Hirten, Menschen die am Rande der damaligen Gesellschaft lebten, waren die ersten, denen die befreiende Botschaft vom Retter verkündet wurde. Ein Heiland, der später vor der Verfolgung des Machthabers Herodes fliehen musste, Asylbewerber in Ägypten wurde.

Es stimmt schon, es war auch damals wie heute das Bedürfnis vieler Menschen, denjenigen zu vertrauen und denen nachzulaufen, die das Heil versprechen, die den Menschen ein besseres Leben, Frieden und Sicherheit versprechen. Die eine Art von Seligkeit und Glück in Aussicht stellen, die man sich verdienen könne, verdienen müsse. Diese Sehnsucht ist so übermächtig, dass Menschen auch immer wieder falschen Herren, Großmäulern oder Scharlatanen mit ihren einfachen, ach so einfachen Parolen auf den Leim gehen.

Bei Lukas ist es vollkommen klar. Bei den Politikern, bei den Herrschenden finden wir kein Heil.

Finden wir diesen Heiland, diesen Retter nicht. Lukas erwähnt als Kontrast in seiner Weihnachtsgeschichte ausdrücklich den damaligen Kaiser Augustus. Und er sagt damit auch:

Nicht die Weisen unserer Erde, nicht der beste Politiker oder der schlaueste Philosoph kann Rettung bringen, sondern allein das Vertrauen auf denjenigen, der all unsere irdischen Gesetzmäßigkeiten durchbricht. Das ist die Gnade Gottes, die allen Menschen erschienen ist, wie es in unserem Text aus dem  Titusbrief heißt.

Und dem Verfasser des Titusbriefes ist es offensichtlich wichtig, dieses Wort „allen“. Gott ist in Jesus Mensch geworden, um allen Menschen das Heil zu bringen, nicht nur den Vornehmen, nicht nur dem Mächtigen, nicht nur den Gerechten oder die sich selbst für gerecht halten, sondern auch den Armen und Unterdrückten, aber auch all denen, die meinen, es eigentlich nicht verdient zu haben.

Eine moderne Übertragung des Weihnachtsgeschehens macht das folgendermaßen deutlich:

„Der rote Teppich wird durch Stroh ersetzt,
das große Regierungsgebäude durch einen Stall.
Das Kind liegt in der Krippe
- schlichter geht es wirklich nicht mehr.
Die sonst üblichen Staatsminister
werden von Ochs und Esel vertreten.
Es fehlen die Galauniformen,
nur ein paar Hirten in armseliger Kleidung
traben in Richtung Bethlehem.“

Allen Menschen ist Jesus Christus als Retter geboren. Das ist ein, das ist das Geschenk Gottes an uns. Ein Geschenk, das nicht verdient werden kann, auf das keinen Rechtsanspruch gibt, das einfach angenommen werden muss: Gott wurde Mensch.

Es ist ein Geschenk, das er uns aus reiner Gnade macht, unverdient, auch nicht zu verdienen, aus Barmherzigkeit, weil er uns mag. Diese Botschaft spüren wir in dem ganzen Leben Jesu, wie es das Evangelium uns schildert, letztlich bis hin zu Jesu Tod und seiner Auferstehung: Gott sagt es uns ganz klar: Du Mensch, bist geliebt; du bist von Gott angenommen! Wenn du niemanden hast, der dich liebt: Ich, Gott, liebe dich, weil du auf meinen Namen getauft bist. Wenn du dich einsam fühlst: Ich bin bei dir alle Tage bis an der Welt Ende.

Jesu Leben von Geburt bis zum Tod macht deutlich:  Gott entscheidet über uns nicht nach unserer Leistung, sondern nach dem Maßstab der Liebe. Das ist das größte und schönste Geschenk, das wir an Weihnachten bekommen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.

Amen.

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