Gottesdienst am Sonntag Okuli (23. März 2014)

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St. Johannis Rödental

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Alles muss klein beginnen"

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Liebe Gemeinde,

"Alles muss klein beginnen", wir haben dieses Lied eben gemeinsam  gesungen und auch das Motto dieses Gottesdienstes lautet ja: ! „Alles  muss klein beginnen…“
Es ist schon beeindruckend, wenn man bedenkt, erlebt, wie etwa aus einem ganz kleinen Samenkörnchen eine große Pflanze, eine Blume oder ein Baum wird. Oft sieht man dem Samenkorn ja noch gar nicht an, was aus ihm wird, was in ihm steckt, welche Möglichkeiten sich aus so einem Winzling ergeben. Wachsen, Verwandlung, Entwicklung…
Ich kann das nicht anders als ein  Wunder bezeichnen. Und besonders jetzt im Frühling erleben wir dieses Wunder, wie die Natur wieder erwacht, ja ganz deutlich und hautnah.

Ich habe im Markusevangelium, 4, 26-31  eine Geschichte, ein Gleichnis gefunden, und dieser Text soll die Grundlage dieser kleinen Predigt jetzt sein: Hören wir Gottes Wort:

Das Geheimnis vom Wachsen der Saat

 Er sagte: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät;  dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.  Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.  Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da

Ihr Lieben,

Das Entscheidende, das Aufgehen und Wachsen der Saat , geschieht von selbst! Im Schlaf, ohne unser Zutun.
Wachsen kann man nicht „machen“, eine Pflanze wächst ja nicht schneller wenn man an ihr zieht (da passiert ehr das Gegenteil) und mindestens genauso stimmt das ja auch für unsere Kinder. Wir können nicht an ihnen ziehen „los wachs schneller…“  Sie wachsen. Alles muss klein beginnen (auch wir Menschen) und es wächst und es ist ein Wunder.

Da könnte man jetzt schon aufhören. Danke lieber Gott für diese Wunder, Amen.Wenn da nicht, ja wenn da nicht unsere Alltagserfahrung wäre, die kann uns da schon quer kommen. Ist es wirklich so, dass alles wie von selbst funktioniert, automatisch, so wie es uns das Gleichnis vom Wachsen der Saat glauben machen möchte.
Sagt unsere Erfahung und unser Erleben nicht: Stopp stopp stopp, da ist doch auch noch der Bauer, oder der Gärtner, der die Pflanzen hegt und pflegt, Unkraut jätet, gießt, beschneidet, düngt, …
Und wir Menschen, besonders wir Eltern, wir sitzen doch nicht untätig herum, wir verschlafen doch nicht die Entwicklung unserer Kinder. Wir sorgen uns doch um deren Aufwachsen, wir fördern, bringen sie in den Kindergarten, in die Vorschule, zum Sport und zur Musik, sorgen uns um gesunde Ernährung und passende Kleidung und vieles mehr…. Das geht doch nichts automatisch, oder?
 „Den Seinen gibt es der Herr im Schlaf“ ? Wir halten es doch ehr mit der anderen Redensart: „Ohne Fleiß kein Preis“.
Und wenn wir da auf unsere Arbeit, unser kirchliches oder auch politisches Engagement blicken, dann haben wir doch ehr den Eindruck (und manchmal sagt das der Chef ja auch direkt so): Alles hängt von dir ab, von deinem Einsatz….

 Sie kennen vermutlich dieses Lied von Tim Benzko, der da (augenzwinkernd ) singt: „Muss mal eben schnell die Welt retten und 141 mails checken……) Das trifft doch die Stimmungslage ganz gut.
Manchmal, ihr Lieben, scheinen sich biblische Aussagen nicht mit unseren Alltagserfahrungen zu decken. Wir sind dann oft schnell dabei uns sagen, Naja, das ist was für sonntags in der Kirche, oder auch: Mit der Bibel kann man eben keine Politik machen…..
Trotzdem, Jesus sagt: Das Entscheidende geschieht von selbst und ich möchte das nicht als praxisfremde Sonntagsrede abtun. Warum kann ich, können wir dieser Aussage entgegen allem Augenschein doch zustimmen?
Zuerst mal können wir uns vergegenwärtigen: Jesus selbst ist der Sämann, er ist es der unserem Leben den Ursprung, den Urgrund gibt. Wir können nicht aus uns selbst heraus leben und schon gar nicht können wir Leben machen. Im Anfang, und da können wir bis zur Schöpfungsgeschichte zurück gehen, im Anfang steht immer Gott (das widerspricht nicht der Evolutionslehre, weil es auf den Anfang, den Grund ankommt).
Und wenn er, Gott,  nicht den Grund in uns legt, dann ist tatsächlich all unser Tun letztlich umsonst. Ich würde sagen, dann ist all unser Tun und Machen (mal eben schnell die Welt retten) letztlich sinnlos, weil ohne Sinn.
Jesus ist der Sämann, der tragende Grund und der Wachstumsmotor für unser Leben. Und Jesus, Gott ist auch der, der etwas Göttliches in uns gelegt hat. In uns angelegt hat.

Es ist aber so wie bei den Pflanzen: Manche Samen gehen schnell auf und die  Pflanzen tragen schnell Frucht. Andere wachsen langsamer und manchmal kann man gar erst in der Rückschau Ereignisse unseres Lebens entdecken, sehen, ja da hat mich Gott wachsen lassen, da wurde Gott fruchtbar in mir.  Wir tragen diese Frucht in uns. Diese Frucht gibt uns unsere Identität (so wie der Apfel eben dem Apfelbaum seine Identität gibt). Identität, das kann ich auch mit Bestimmung übersetzten und Bestimmung, das kann ich auch mit Sinn des Lebens beschreiben. Das sind große Worte. Es gilt aber auch da: Alles muss klein beginnen..

Und bei allem automatischen Wachsen, dürfen wir,  ja sollen wir natürlich die kleine Pflanze (oder eben auch unsere Kinder) hegen und pflegen.  Nur, wenn Gott nicht der wäre, der die Saat gelegt hat, dann wäre unsere Mühe umsonst. Und weil Gott der Sämann ist, sind wir davon befreit alles selbst und aus uns heraus  machen zu müssen. Das gibt  uns Gelassenheit, auch die Freiheit mal etwas lassen zu können. Gott ist es, der den Grund in uns gelegt hat, der uns wachsen lässt und Frucht tragen lässt, auch für andere.

Diese Erfahrung wünsche ich uns allen.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unser Begreifen, sei mit uns allen.

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