Gottesdienst am Sonntag Exaudi (1. Juni 2014)

Bildrechte beim Autor

St. Johannis Rödental

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Teilhabe an der
Herrlichkeit Gottes"

Gnade sei mit uns und Friede von Gott unserem Vater und dem Son und dem Heiligen Geist.

Der Herr segne  unser Reden und Hören. Amen.

Liebe Gemeinde,

der Predigttext der uns für heute vorgeschlagen ist steht im Römerbrief 8, 26 – 30.  Ich lese in der Übersetzung der Guten Nachricht, (die ist etwas einfacher zu verstehen):

Aber ebenso wie wir seufzt und stöhnt auch der Geist Gottes, der uns zu Hilfe kommt. Wir sind schwache Menschen und unfähig, unsere Bitten in der rechten Weise vor Gott zu bringen. Deshalb tritt sein Geist für uns ein mit einem Stöhnen, das sich nicht in Worte fassen lässt. Und Gott, vor dem unser Innerstes offen liegt, weiß, was sein Geist in unserem Innern ihm sagen will. Denn so, wie es vor Gott angemessen ist, legt er Fürsprache ein für die, die Gott als sein Eigentum ausgesondert hat. Was auch geschieht, das eine wissen wir: Für die, die Gott lieben, muss alles zu ihrem Heil dienen. Es sind die Menschen, die er nach seinem freien Entschluss berufen hat. Sie alle, die Gott im Voraus ausgewählt hat, die hat er auch dazu bestimmt, seinem Sohn gleich zu werden. Nach dessen Bild sollen sie alle gestaltet werden, damit er der Erstgeborene unter vielen Brüdern und Schwestern ist. Und wenn Gott sie dazu bestimmt hat, dann hat er sie auch berufen, und wenn er sie berufen hat, dann hat er sie auch für gerecht erklärt, und wenn er sie für gerecht erklärt hat, dann steht auch fest, dass sie an seiner Herrlichkeit teilhaben.

Wir sind schwache Menschen und wissen nicht wie wir beten sollen, so schreibt Paulus. Natürlich gibt es vorformulierte Gebete und Gebetstexte, Psalmen und das Vaterunser etwa, aber es gibt wohl auch Situationen in denen wir tatsächlich keine Gebetsworte finden. Manchmal verschlägt es uns die Sprache manchmal sind wir sprachlos. Das kann dann ganz verschiedene Auslöser haben. Anlässlich großem Leides, ja Todes ringen wir um Worte, fassungs- und sprachlos stehen wir einem Geschehen gegenüber und finden keine Worte.

Aber auch im positiven Sinn verschlägt es uns manchmal die Sprache. Vielleicht wenn wir, im Anblick eines klaren Sternenhimmels keine Worte finden, die die Größe des Universums, ja die Größe der Schöpfung beschreiben wollen, wenn uns großes Glück wiederfährt.

Besonders in emotionalen Ausnahesituationen fehlen uns nicht selten die Worte oder die rechte Form für ein Gebet. Ich habe dazu eine Geschichte aus Afrika gefunden, die uns etwas helfen kann, etwas mehr vom Beten zu verstehen:

Dem Pfarrer einer Gemeinde in Kenia fiel ein alter, ärmlich wirkender Mann auf, der jeden Mittag um 12 Uhr die Kirche betrat und sie schon nach kurzer Zeit wieder verließ. Eines Tages wartete der Pastor auf den Mann und fragte ihn, was er denn in der Kirche tue. Der Alte antwortete: "Ich gehe hinein, um zu beten!" Auf die verwunderte Feststellung: "Aber du bist niemals lange genug in der Kirche, um wirklich beten zu können!", erklärte der alte Mann:

"Ich kann kein langes Gebet sprechen, aber ich komme jeden Tag um 12 Uhr vorbei und sage: Jesus, hier ist Jim! Dann warte ich eine Minute, und er hört mich". Nach einiger Zeit kam der alte Jim mit einer Verletzung seines Beines in das Krankenhaus. Die Schwestern stellten fest, dass er auf alle anderen Patienten einen heilsamen Einfluss halte. Die Nörgler wurden zufrieden, die Ängstlichen gewannen neue Zuversicht, die Traurigen wurden fröhlich. Und es wurde viel gelacht in Jims Zimmer. "Jim", sagte die Stationsschwester eines Tages zu ihm, "die anderen Männer sagen, dass du diese Veränderung herbeigeführt hast. Du bist immer glücklich!" "Ja, Schwester, ich kann nichts dafür, dass ich immer so fröhlich bin. Das kommt durch meinen Besucher." "Die Schwester hatte bei Jim noch nie Besuch gesehen. Denn er hatte keine Verwandten und auch keine näheren Freunde hier.

"Dein Besucher?", fragte sie, "wann kommt er denn?" "Jeden Tag um 12 UHR mittags", antwortete Jim. "Er kommt herein, steht für eine Minute am Fußende meines Bettes und sagt: "Jim, hier ist Jesus!"

Ich kann mir schon vorstellen, wie es dem Pfarrer in Kenia gegangen ist. Er hat den Mann gesehen und sich gewundert, wie scheinbar oberflächlich er betet.  Er erkennt die Ernsthaftigkeit nicht. Jim, aber, der weiß, dass er Gott nichts bringen kann, außer sich selbst: Jesus: Hier ist Jim! Ja, es stimmt, wenn wir anerkennen  / erkennen, dass wir Gott nichts bringen können, dann sind wir ihm und er uns besonders nah.

Vielleicht können wir dann auch Paulus ein bisschen besser verstehen, der unsere Schwierigkeiten kennt und schreibt: „Dabei hilft uns der Heilige Geist in all unseren Schwächen und Nöten“. Wenn unserm Gebet die Worte fehlen, dann tritt der Heilige Geist für uns sein. Stöhnend, seufzend, schreiend, so sagt der Text.

Wenn wir unsere Schwäche, besser unser Unvermögen vor Gott eingestehen, sind wir ihm näher, durch die Kraft des Heiligen Geistes, der aus uns spricht, betet….

Ihr Lieben, das ist zugegeben ein bisschen schwierig vorstellbar. Aber das gilt: Wir können Gott nichts bringen.

Der dänische Theologe und Philosoph Sören Kierkegaard, hat das vor 150 Jahren so formuliert:

Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde,
da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen.
Zuletzt wurde ich ganz still.

Ich würde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist,
ich wurde ein Hörer.

Ich meinte erst, Beten sei Reden.
Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist,
sondern Hören.

So ist es:
Beten heißt nicht sich selbst reden hören,
beten heißt still werden und still sein und warten,
bis der Betende Gott hört.

Der betende Jim, macht genau das. Erst steht das kurze Gebet von Jim an Gott. JESUS Hier ist Jim. Dann antwortet Gott; Jim, hier ist Jesus und dann kann Jim seine Fähigkeit, zu Gottes Ehre einsetzen, den heilsamen Einfluss auf die Mitpatienten.

Auch wir haben Fähigkeiten, Gaben, die wir für unsere Mitmenschen einsetzen können. Sei es im gottesdienstlichen singen oder im Kirchenvorstand, im Kindergarten oder bei den diakonischen Aktivitäten der Gemeinde, im Besuchsdienst und in der Betreuung von Asylbewerbern…

Jede Gabe, alles was wir machen, kann so auch zum Gebet werden. Imitiert, also angestoßen durch den Heiligen Geist und getragen durch diese Kraft, die aus uns spricht. Eben in Worten aber auch in Taten.

Wenn wir akzeptieren, dass wir, aus uns heraus, letztlich nur mit leeren Händen vor Gott stehen können, dann kommt Gott zu uns, weil der Heilige Geist für uns eintritt, für uns spricht. „…. Denn so, wie es vor Gott angemessen ist, legt er Fürsprache für die ein, die Gott als sein Eigentum ausgesondert hat“ so heißt es im Text.

Der Heilige Geist hilft uns, mit der Vergangenheit ins Reine zu kommen,  und er gibt uns die Kraft und die Hoffnung auf Zukunft.

Und so macht er uns fähig, in der Gegenwart zu leben, weil die Vergangenheit bereinigt und die Zukunft frei ist. Weil Gott uns liebt (nichts anders als ….“Als sein Eigentum ausgesondert“….

Weil er uns liebt, in der Sprache des Paulus ausgedrückt:

Und wenn Gott sie dazu bestimmt hat, dann hat er sie auch berufen, und wenn er sie berufen hat, dann hat er sie auch für gerecht erklärt, und wenn er sie für gerecht erklärt hat, dann steht auch fest, dass sie an seiner Herrlichkeit teilhaben.

Gott sagt Ja zu uns, er stärkt uns und beauftragt uns und sagt uns die Teilhabe an seiner Herrlichkeit zu. Das ist ein vielfaches Ja Gottes zu uns. Dieses Ja Gottes können wir nicht machen, nicht erzwingen und auch nicht erbeten. Wir können nur vor Gott stehen und sagen: Hier bin ich.

Amen.

nach oben