Gottesdienst am 1. Weihnachtstag - 25.12.2014 in St. Johannis

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St. Johannis

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Heut schließt er wieder
auf die Tür"

Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis der Cherub steht nicht mehr dafür. Gott sei Lob, Ehr und Preis, Gott sei Lob, Ehr nd Preis.

Gnade sie mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist . Amen.

Liebe Gemeinde,

wir haben es gerade gesungen: „Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradies, der Cherub (der Wächterengel) steht nicht mehr dafür….

Verschlossene, sich öffnende, offene Türen spielen in der Advents- und Weihnachtszeit eine besondere Rolle:

Macht hoch die Tür…. ist das Adventslied mit der Nummer 1 in unserem Gesangbuch, im Adventskalender öffnen wir jeden Tag ein Türchen und ich erinnere mich gut an das Weihnachtszimmer unserer Kindertage. Vielleicht kennen Sie das auch. Ab dem Morgen des  Heiligabend war bei uns das Wohnzimmer abgeschlossen / tabu, weil ,so wurde uns von unseren Eltern versichert, das Christkind mit dem schmücken des Christbaums und dem Aufbau der Geschenke beschäftigt sei. So gerne hätten meine Geschwister und ich einen Blick hinter die verschlossene Tür geworfen aber selbst das Schlüsselloch war verhängt und wenn mein Vater, der ja dem Christkind helfen musste ins Wohnzimmer ging, dann wurden wir Kinder, die da schon mal auf der Lauer lagen, weggeschickt.

Endlich, endlich am Abend des 24. Dez. war dann Bescherung. Ein Glöckchen läutete, die Tür wurde geöffnet, die Kerzen am Weihnachtsbaum brannten und eine kleine Spieluhr spielte „Stille Nacht“.

Es war ein bisschen wie wenn sich die Tür zum Paradies, zu unserem Weihnachtsparadies öffnete mit all den Schätzen die dort zu finden waren. Fast ein bisschen scheu sind wir eingetreten.

Eine schöne Erinnerung. Vielleicht haben sie ganz ähnliche Erinnerungen.

Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradies.  Das Paradies als Schatzkammer verlockender Dinge. Aber so ganz bin ich mit dessen Bild nicht zufrieden. Schatzkammern sind ja Orte die man wieder verlässt. Schatzkammern werden nicht selten geplündert, sind dann leer.

Ebenso geht es uns ja in den „Einkaufsparadiesen, Schnäppchenparadiesen, Möbelparadiesen…“ unserer Zeit. Sie werden gestürmt und mittels Einkaufswagen ausgeräumt.

Und auch unser Weihnachtswohnzimmer bekommt ja spätestens wenn der Christbaum abgeschmückt wird, seine profane Gestalt zurück.

Im Stall von Bethlehem war das nicht anders. Irgendwann war es nur noch ein Stall, die himmlischen Heerscharen sind abgezogen, die Hirten längst zurück und Maria, Josef und das Jesuskind auf der Flucht nach Ägypten.

Ihr Lieben,

das lässt mich einen Bogen in die Jetztzeit schlagen, erlaubt mir also einen Einschzub. Es stellt sich ja (scheinbar)die Frage, wer darf rein, in das (vermeintliche) Paradies Mitteleuropa, Deutschland, Bayern, Rödental. Und haben die auch den rechten Glauben, die richtige Einstellung.

In Wolfgang Borcherts Theaterstück von 1947 „Draußen vor der Tür“ sucht der Kriegsheimkehrer Beckmann mit seinen traumatischen Erfahrungen und seinen Fragen eine Rückkehrmöglichkeit , und soll draußen bleiben, aus den guten Stuben. Der Tod ist in dem Stück der einzige, der sagt, dass seine Tür immer offen stehe.

Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradies…..?

Wer entscheidet wer rein darf und wie viele und unter welchen Bedingungen. Menschen die auf überfüllten Seelenverkäufern in Lambedusa anlanden (wenn sie es denn schaffen), die sich über Griechenland und durch den Balkan durchschlagen, flüchteten vor Elend, Not Krieg, nicht selten mit schlimmsten traumatisierenden Erfahrungen

Auf der Such nach Schutz, nach Sicherheit, nach Heimat, nach Wohlergehen.

Ist die Tür offenen ins Paradies Deutschland, dem vermeintlichen Paradies der Sozialsysteme?

Die Rolle des Cherub, oder des Petrus mit dem Schlüssel an der Himmelstür ist keine schöne Rolle. Keine schöne Rolle, sie zurückzuschicken in die Hölle des Krieges und der Not.

Natürlich ist Westeuropa auch nicht das Paradies, schon gar nicht im biblischen Sinn. Aber das ist eben relativ und kein Grund die Tore zu verschließen.

Liebe Gemeinde,

 worum geht es also wenn wir singen: Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradies?

Ich denke es hilft uns, wenn wir uns die (ganz konkreten) Vision der Propheten noch einmal vor Augen und Ohren halten, die wir als Hinweis auf das Kommen des Messias, als Hinweis auf Jesus Christus deuten:

z.B.

Jesaja 9, 1-6

1 1Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

wenn man Beute austeilt.

3 Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians.

4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.

5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; ….

Gibt es diese Tür wirklich, die im Finstern das Licht hereinlässt, hinter der das Kriegsgedröhn verstummt, in dem auf einem Kind die Herrschaft ruht, ganz gewaltlos, genannt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; ….

Gibt es diese Tür ins Paradies, und ist das dann das Gefilde der Engel mit Harfenklängen und Frohlocken ?, wie es uns der Münchner im Himmel glauben macht oder ist es so etwas wie eine Schleuse in die Fantasy-Welt, so wie bei Alice im Wunderland das Hasenloch, bei Harry Potter der Bahnsteig 9 3/4 ein Übergang in eine andere Realität?

Nein, wenn die Bibel von der offenen Tür spricht, dann geht es oftmals um einen ganz realistischen Übergang hier in dieser Welt.

Von einem begrenzten Raum (eingeengt) zu einem offenen Raum, (du stellst meine Füße auf weiten Raum kann der Psalmist singen  , Ps. 31) von einer beschädigten Wirklichkeit zu einer geheilten Wirklichkeit.

In der Apostelgeschichte verkünden Paulus und Baranbas wie es ihnen gelungen ist, den Menschen in Antiochia die Tür des Glaubens aufzutun.

Das ist ein schönes Bild: Der Glaube an Jesus Christus, als Schritt in neue Räume. Als Freiheit auch neue Räume zu erkunden und zu entdecken. Nicht verharren zu müssen im „Man ja doch nichts ändern, ……)  Neues wagen, aufeinander zugehen, schon hier und jetzt, nicht in ferner Zukunft und nicht durch magische Tricks.

Eine Öffnung, die endlich wahr macht, was die Propheten auch schon verheißen hatten.

Dass auch die Völker (alle) zum Gott Israels bekehrt werden und ihn anbeten. Wir sind nicht ausgeschlossen von Gottes Erwählung und nicht ausgeschlossen von seiner Gnade. Durch die frohe Botschaft vom Messias.

Seine Geburt, seine Menschwerdung: Hier schließt sie neu auf die Tür zum Paradies des Glaubens – für alle.

Das Johannesevangelium (Kap 10)  geht sogar noch einen Schritt weiter:

1 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht zur Tür hineingeht in den Schafstall, sondern steigt anderswo hinein, der ist ein Dieb und ein Räuber.

2 Der aber zur Tür hineingeht, der ist der Hirte der Schafe.

3 Dem macht der Türhüter auf, und die Schafe hören seine Stimme; und er ruft seine Schafe mit Namen und führt sie hinaus.

4 Und wenn er alle seine Schafe hinausgelassen hat, geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm nach; denn sie kennen seine Stimme.

(…..)

9 Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.

Eine solche Tür die beides eröffnet, das geschützt /geborgen sein drinnen und das weiden / leben draußen,

durchlässig nach beiden Seiten, nicht exklusiv, sondern eine Tür zum selig werden, zum Himmel auf Erden für alle.

Da wundert es nicht wenn bei der Geburt Jesu sich der Himmel auftut und alle Engel singen und wir mit ihnen: Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradies, der Cherub steht nicht mehr dafür, Gott sei Lob Ehr und Preis.

Weihnachten, das bedeutet: Die Türen zwischen Gott und den Menschen sind wieder offen. Für keinen heißt es „Draußen vor der Tür“ bleiben. Und alle die sich eingeigelt, eingenistet haben dürfen sich heraus wagen aus ihren (falschen) Konsumparadiesen.

  • Wir sind geborgen bei Gott, er öffnet uns die Tür hinein zu ihm, zum Leben in Fülle.

  • Gott tritt heraus, zu uns, mitten in das Leben hier, geboren als Kind in der Krippe

  • Wir können heraustreten aus unseren Ängsten, Sorgen, Nöten, heraus, auf andere zu. Wir selbst können so Türen für andere öffnen. Frei und ohne Angst.

Die Fülle des Lebens ist vorhanden für alle.  Mehr als in jeder Schatzkammer, mehr als in jedem Schnäppchenparadies.

Der Kabarettist Gerhard Polt hat einmal formuliert:
„Ein Paradies ist immer dann, wenn einer da ist, der wo aufpasst, dass keiner reinkommt.“

Seit Weihnachten muss der Satz heißen:

Ein Paradies ist immer dann, wenn einer da ist, der wo aufpasst, dass alle hereinkommen.

Amen

Und der der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen in Jesus Christus. Amen

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