Gottesdienst am 1. Sonntag nach Epiphanias - 11. Januar 2015

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AWO, St. Johannis

Predigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Festtag der Taufe Jesu"

Predigttext: Matthäus 3, 13-17

13 Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.

14 Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?

15 Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's geschehen.

16 Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen.

17 Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.

Predigt:

Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt, Christus, unserem Herrn. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder!

In den orthodoxen Kirchen ist das Fest der Taufe Jesu eines der wichtigsten Feste im Kirchenjahr. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit, als ich auf der Krim Dienst tat: Vor den Kirchen stehen die Gläubigen in langen Schlangen, manchmal in einem riesigen Kreis um die ganze Kirche herum. Und es findet die Wasserweihe statt: Der Priester taucht ein Holzkreuz dreimal in riesige Wasserkessel und segnet es so: Denn als Jesus der Gottessohn im Jordan getauft wurde, da habe er das Wasser des ganzes Flusses und sogar die ganze Natur geheiligt. Und so wird das Weihwasser für das ganze Jahr geweiht. Dann geht der Priester die lange Schlange der Gläubigen entlang. Er taucht immer wieder einen Strohbesen in einen großen Eimer, und besprengt alle Gläubigen. Jeder will möglichst viel vom Weihwasser abhaben. Meine Jacke war damals ganz schön nassJ Und dann kommen die Gläubigen zu den Wasserbehältern und füllen für sich zu Hause heiliges Wasser ab, und nehmen es in Plastikflaschen mit. Es wird in besonderen Situationen wie in Zeiten von Krankheit als himmlische Medizin angewendet. Bei uns Evangelischen ist das Fest der Taufe Jesu eher ein Festtag, der untergeht im Kirchenjahr. In der orthodoxen Kirche dagegen läßt es kaum ein Christ aus, und auch bei unseren katholischen Schwestern und Brüdern hat ja das Weihwasser eine besondere Bedeutung.

Lassen wir uns heute einmal von den Kirchen des Ostens inspirieren und beschäftigen wir uns mit der Taufe Jesu. Und auch wir werden entdecken, wie dieses Fest uns für unseren Glauben wichtige Impulse geben kann, allerdings jenseits von vermeintlich heiligem Wasser.

Liebe Gemeinde!

Ich sehe diese Szene vor meinem inneren Auge: Da ist der Fluss Jordan, in dem Johannes steht, bekleidet mit seinem Kamelhaarmantel wie unter mir an der Kanzel. Vor ihm Jesus, den er unters Wasser taucht und tauft. Über den beiden der geöffnete Himmel, aus dem der Heilige Geist wie eine Taube auf Jesus herabkommt. Und am Ufer eine Menge von Menschen, die staunend das Geschehen verfolgen. Und da sind dann heute noch wir, die diese Szene betrachten, und uns von ihr ansprechen lassen.

I.

Matthäus schreibt: „Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.“.

Gleich zu Anfang gibt‘s einen Unterschied zu unseren Taufen: Der Täufling Jesus kommt selbst zur Taufe, und hat auch selbst den Entschluss gefasst, sich taufen zu lassen. Bei uns kommt das auch ab und an vor, wenn beispielsweise jemand aus den neuen Bundesländern, der noch nicht getauft war, zum Glauben findet und als Erwachsener getauft wird. In der Regel aber bringen wir unsere Kinder zur Taufe. Und das ist auch gut so: Wir wollen ihnen den Segen Gottes und die Gemeinschaft der Kirche nicht vorenthalten. Die eigene Entscheidung für diesen Weg mit Gott, die holen die meisten dann in der Konfirmation nach. Ich freue mich über jeden von Euch Konfirmanden, der nicht nur wegen den Geschenken konfirmiert, sondern der wirklich sagt: „Ja, Gott ist ein Teil von meinem Leben. Ich will ganz bewusst Ja zu ihm sagen.“. Das ist für mich das Wichtigste bei der Konfirmation, nicht die gelernten Lieder und Gebote  und Psalmen. Die sind zwar auch wichtig für den Weg als Christ durch die Welt. Aber das Wichtigste ist dieses „Ja“, diese Entscheidung für Gott. Dies kann aber auch später in jedem Lebensalter erfolgen: Wenn sich jemand beispielsweise mit Gott auseinandergeklebt hat, kann er wieder neu zu ihm „ja“ sagen. Bei vielen von uns wird es wahrscheinlich auch so gewesen sein: Da ist Gott von Anfang an ein Bestandteil des Lebens, der Kontakt zu ihm ist seit Kindertagen eingeübt z.B. durch das tägliche Abendgebet mit den Eltern. So stelle ich mir das auch bei Jesus vor.

Wir wissen nicht, welche Erfahrungen Jesus mit Gott gemacht hat in der Zeit, in der er wahrscheinlich bei seinem Vater das Zimmermannshandwerk gelernt hat. Wir wissen nicht, wie in Jesus die Überzeugung gewachsen ist, einen besonderen Auftrag von Gott zu haben. Irgendwann dann ist er jedenfalls aufgebrochen von zu Hause, zuerst zu Johannes an den Jordan. Dessen Predigt muss Jesus angesprochen haben. Er verkündete das nahe herbeigekommene Himmelreich und predigt die Umkehr, die Vergebung der Sünden symbolisiert durch das Reinwaschen mit dem Jordanwasser.

Und dann geschieht es: Die Himmelsstimme spricht: „Du bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“. Es war für Jesus bestimmt ein wichtiger Moment seines Lebens, dies zu hören: Gott nennt ihn seinen Sohn und bestätigt ihn. So ausgerüstet mit dem Vertrauen des Vaters beginnt Jesus nach seiner Taufe selbst durch die Lande zu ziehen, zu predigen und durch gute Zeichen das Gottesreich erlebbar zu machen.

Die Taufe hat Jesu seines göttlichen Auftrags gewiss gemacht. Auch das ist ein Unterschied zu unseren Taufen: Die meisten, die ihre Kinder zur Taufe bringen, erwarten sich den Segen Gottes für ihr Kind, dass es in Freud und Leid behütet seinen Weg gehen kann. Und diesen Segen schenkt Gott auch, so wie er auch Jesus aus dem Himmel gesegnet hat. Aber die Taufe hat eben auch mit einem Auftrag zu tun: Wer getauft ist, der hat den Auftrag, als Christ zu leben, sich von der Liebe bestimmen zu lassen, und sogar Salz für die Erde zu sein: Der Welt den richtigen Geschmack zu bringen, Liebe und Nächstenliebe, Friede und Versöhnung zu leben und groß zu machen. Das ist der Auftrag, den alle Christen haben. Daneben gibt es noch spezielle Berufungen, besondere Dienste, für die sich unser Gott den ein oder anderen auswählt. Das kann sein, dass er jemanden als Religionslehrer, Diakon oder Pfarrer beruft. Das kann sein, dass er jemandem einen wichtigen ehrenamtlichen Dienst in der Gemeinde anvertraut. Das kann sein, dass er jemanden zum Segen für andere werden lässt. Die Taufe ist mit einem Auftrag verbunden. Lasst uns selbst also immer wieder dem nachspüren, was Gott mit uns vorhat, wohin uns der Geist weht. Und lasst uns dieser Berufung dann auch folgen, so wie es Jesus tat.

II.

Jesus hat dazu die Kraft des Heiligen Geistes empfangen: „Und als Jesus getauft war, stieg er aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen.“.

Jesus wird ausgerüstet mit dem Geist aus der Höhe. Auf ihn kommt der Heilige Geist. In der Apostelgeschichte wird immer wieder berichtet, dass das auch für die christliche Taufe gilt: Nachdem sich ein Mensch aus dem Taufbad erhebt, da haben ihm die Apostel die Hand aufgelegt, und Gott hat ihm seinen Geist geschenkt. Und so tun wir das bis heute: Nachdem ich ein Kind dreimal mit Wasser übergossen und die Taufformel gesprochen habe, da lege ich dem jungen Menschen meine Hand auf und segne ihn. In diesem Segen schenkt Gott seinen Heiligen Geist. Wir alle sind also genauso wie Jesus Geistträger. Der Geist Gottes ist es, der unsere Gaben und Fähigkeiten zur Entfaltung bringt. Der Geist Gottes ist der Tröster, der uns Halt zu geben vermag in den Krisen, die uns treffen. Der Geist ist der, der uns Kraft für unseren Dienst gibt. (Vor der Predigt haben wir deshalb ein Geistlied gesungen: Wie das Feuer sich verbreitet und die Dunkelheit erhellt, so soll uns dein Geist ergreifen, umgestalten unsre Welt.) Diesen Geist haben wir, und wir können immer wieder neu darum bitten, dass er sich entfaltet zum Wohl unserer Mitmenschen und unserer Welt.

III.

Wie werden die Zuschauer damals reagiert haben? Jene, die auch zu Johannes kamen, und das alles miterlebt haben? Interessant ist eine unterschiedliche Variante dieser Geschichte in unseren Evangelien. Bei Markus spricht die Himmelsstimme zu Jesus: „Du bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“. Gott stärkt und bestätigt seinen Sohn für dessen Weg. Matthäus überliefert eine Variante, in der sich die Himmelsstimme nicht an Jesus, sondern an die Zuschauer wendet: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“. Ein kleiner, aber feiner Unterschied: Hier weist die Taufe Jesu die Umstehenden auf Jesus hin, will ihnen zeigen, wer dieser ist, der da heute an den Jordan kam: Nämlich der Sohn Gottes. Der Friedensbringer und Erlöser. Was Jesus seit seiner Geburt ist, nämlich der Sohn Gottes, wird in seiner Taufe für ihn und alle offenbar. Die Taufe Jesu ist also wie ein unübersehbarer Wegweiser, der sich denen, die dabei waren, unvergesslich ins Gedächtnis brennt: Diesem Jesus gilt es nun zu folgen. Die Zeit des Johannes ist vorbei. Der sollte nämlich die Menschen nur auf das Kommen des Größeren vorbereiten. Mit Jesus ist er da: der Sohn Gottes, Gott selbst in dieser Welt. Und tatsächlich folgen dann Jesus auch einige Jünger des Johannes. Die Taufe Jesu ist also auch für uns wie so ein Wegweiser zu dem, auf den es ankommt, auf den Erlöser. Allzu leicht übersieht man Jesus in unserer heutigen Zeit, wo man so viel um die Ohren hat. Jede unserer Taufen hier in der St. Johanniskirche aber macht auch Jesus wieder groß, und weist die Christen in unserer Stadt wieder neu auf den hin, der uns von Schuld und Tod befreit, und uns zu einem Leben in Frieden und Liebe leiten will.

IV.

Auch Johannes den Täufer wusste, wen er da vor sich hat, als Jesus zu ihm kam: Denn Johannes wehrte ihm und sprach: ich darf dessen, dass ich von dir getauft werde!

Hier finde ich Johannes sympathisch. Er weiß um seine Rolle. Er nimmt sich nicht zu wichtig, erfüllt nur getreu das Seine. Ach, das hätten auch so manche Politiker nötig und Verantwortliche in der Wirtschaft: dass sie nicht auf ihre Macht schauen und sich auf Kosten anderer profilieren, nicht auf Gewinnmaximierungen um jeden Preis, sondern auch auf das Recht des anderen achten. Demut ist aber trotzdem keine Tugend, die immer seltener wird. Bei Beerdigungen höre ich immer wieder: „Die Verstorbene war immer für andere da!“.

Jesus antwortet ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so gebührt es, alle Gerechtigkeit zu erfüllen!

Es geht in der Taufe Jesu also auch um Gottes Gerechtigkeit: Gottes Gerechtigkeit ist seine Gnade, seine Zuwendung zum Menschen. Sie unterscheidet sich oft von unserer Gerechtigkeit. Jesus, der eigentlich nicht getauft werden müsste als Sohn Gottes, er gesellt sich hier zu denen, die sich selbst als Sünder sehen und deshalb zur Taufe kamen. Er stellt sich den Sündern gleich, macht sich mit ihnen gemein. Weihnachten geht hier weiter: Gott wird Mensch. Und er solidarisiert sich mit allen, die Schuld tragen, mit allen, die ihr schlechtes Gewissen und der Wunsch nach Erneuerung an den Jordan geführt haben. Und über diesem Ort der Schuld, der Vergebung und der Erneuerung, da geht der Himmel auf. Gottes Freundlichkeit wird erlebbar, so wie wenn bei trüben Regenwetter plötzlich der Himmel aufgeht und uns die Sonne anlacht.

Der offene Himmel, der freundliche Blick Gottes herab aus der Höhe, er gilt jedem Getauften. Es ist unsere Aufgabe als Eltern und Paten, das unseren Kindern und Enkeln immer wieder bewusst zu machen. Im Sommer ist unsere Kirche offen. Jeder kann einfach hereinkommen, den Kindern den Taufstein zeigen und sagen: „Hier bist du getauft worden. Seit deiner Taufe ist für dich der Himmel offen (es ging „ihm“ der Himmel auf), und Gott schaut freundlich auf dich herab. Dieser offene Himmel begleitet dich auf all deinen Wegen.“. Und man kann zu Hause die Taufkerze anzünden, die mittlerweile alle Kinder bekommen: „Jesus ist dein Licht.“.

Es wäre schön, wenn wir alle ein bisschen stolz wären auf unsere eigene Taufe und die unserer Kinder. Denn sie ist mehr als ein Initiationsritus in die christliche Gemeinschaft. Sie öffnet uns den Himmel, schenkt uns den Heiligen Geist, und beauftragt und ermächtigt uns, als Christen in dieser Welt zu leben.

Liebe Gemeinde!

Wir haben gesehen: Die Geschichte von der Taufe Jesu hat uns einiges zu sagen. Die Taufe Jesu können wir nicht darauf reduzieren, dass seitdem das Wasser geheiligt wäre. Das Wasser vermittelt vielmehr eine Botschaft von vielen, die in dieser Taufszene stecken: Es steht für die große Gnade Gottes, der uns unsere Sünde abwischt und die Tore des Himmels öffnet. Aber Wasser bleibt Wasser, es kann nicht heilig werden. Wenn ich das Wasser aber als solch ein Zeichen verstehe, dann habe ich auch nichts dagegen, wenn mich ein großer Strahl des Weihwassers auf dem orthodoxen Kirchhof trifft, oder wenn sich auch mal ein evangelischer Christ mit dem Weihwasser in einer katholischen Kirche bekreuzigt, denn: Das Wasser verweist auf die Gnade Gottes, die er uns in der Taufe zugesagt hat, und die uns allen gilt. Der Himmel ist über uns allen geöffnet. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.  Amen.

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