Predigt und Gebet für den Sonntag Kantate - 10. Mai 2020

Gemeinsame Predigt: Pfarrer Jörg Mahler und Diakon Günter Neidhardt

Predigttext: 2. Chr 5, 2-5(6-11)12-14 OP II

Predigtteil 1: 

(Pfr. Jörg Mahler)

 

Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt, Christus, unserem Herrn. Amen

Der Predigttext für den Sonntag Kantate steht im 2.Buch Chronik im 5.Kapitel. Dort steht geschrieben:

Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des HERRN hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion. Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat gefeiert wird. Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf 5 und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten. 

Und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertundzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen. Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem HERRN. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den HERRN lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus des HERRN erfüllt mit einer Wolke, sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.

 

Liebe Gemeinde,

muss das ein großer und freudiger Festtag gewesen sein: Endlich wurde der Bau eines Tempels fertiggestellt. David schon hatte ihn geplant, Salomo gebaut und vollendet. Ein zentrales Heiligtum für das Gottesvolk. Ein glanzvolles Gebäude. Menschen von weit her werden gekommen sein, um der Einweihung beizuwohnen. Höhepunkt war die feierliche Prozession: Die Heilige Lade wurde in einem Festzug hinauf zum Tempel gebracht. Die Bundeslade – ein goldener Kasten aus Zedernholz, bekrönt von zwei goldenen Engeln. In ihr drin die beiden Tafeln, auf denen die Gebote Gottes geschrieben stehen, der grünende Stab Aarons und ein Krug mit Manna aus der Wüste. Über Generationen war die Lade ein bewegliches Heiligtum, aufbewahrt in der Stiftshütte, einem besonderen Zelt, das die Israeliten mit sich geführt hatten. Später dann fand die Lade einen festen Ort in Silo in der Mitte des Landes, bis David sie nach Jerusalem bringen ließ. Die heilige Lade steht für die besondere Gegenwart Gottes, des Gottes, der sein Volk aus der ägyptischen Sklaverei in die Freiheit geführt hat. Diesen Gott feiern sie heute: Seine Gegenwart soll in den Tempel einziehen. Priester und Leviten tragen sie den Tempelberg hinauf, und dort wurde sie willkommen geheißen mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und 120 Trompetenspielern. Ein gewaltiges Tempelweih- und Gottesfest haben sie da gefeiert.

Auch wir weihen unsere Kirchen ein, wenn sie fertiggebaut sind und in gottesdienstlichen Gebrauch genommen werden. Nach großen Renovierungen, wenn das gottesdienstliche Leben im Kirchenraum eine Weile geruht hat, da weihen wir sie wieder ein. Und heute – ist das nicht auch so eine Art fröhliches Kirchenwiedereröffnungsfest? Acht Sonntage fand kein öffentlicher Gottesdienst statt, auch an Karfreitag und Ostern nicht, unseren größten Kirchenfesten. Die Orgel schwieg, kein vollmundiger Gemeindegesang ertönte. Aber jetzt, seit heute, da dürfen wir endlich wieder. Wieder Gottesdienste feiern. Nein, das ist heute keine Einweihungsfeier wie damals beim Tempel in Jerusalem, aber trotzdem sind wir froh, dass wir uns hier wieder zu Bibellese, Predigt, Gebet und Gesang versammeln dürfen. Viele in unserer Gemeinde hatten eine große Sehnsucht danach. Und manchmal, da merkt man erst, wenn man etwas nicht mehr hat, wie wichtig es für ihnen ist.

Die Kirche an sich war die ganze Zeit über offen, viele kamen hierher, um zur Einkehr zu kommen, zu beten, einen ausgelegten geistlichen Text zu lesen. Und doch ist ein Gottesdienst noch einmal etwas anderes. 

Der Tempel war damals etwas ganz Besonderes. Er war das zentrale Heiligtum fürs ganze Land, Synagogen in den Dörfern und Städten auf dem Land gab es noch nicht: Er war das kultische Zentrum, hier kamen Menschen aus dem ganzen Land zusammen, hier fanden die religiösen Zeremonien und ihn ihnen die Begegnungen mit Gott statt.

Gott begegnen, das können wir als Christinnen und Christen auch mitten im Alltag oder allein in der Kirche. Und dennoch hat der Gottesdienst noch einmal eine andere Qualität. Warum sind für uns gerade die Gottesdienste so wichtig, die wir hier zusammen feiern? Warum haben wir diese so schmerzlich vermisst?

So wie im Tempel der dort stattfindende Kult Gottes vergangenes Heilshandeln präsent werden ließ, werden auch wir im Gottesdienst an Gottes Wohltaten erinnert. Damals im ersten Jerusalemer Tempel geschah das wohl noch nicht durch Verlesen von Bibelstellen und durch eine Predigt, aber heute bekomme ich genau dadurch ein Wort für mich gesagt, das ich mir selbst nicht sagen kann. Eine Anrede von außen, von Gott her, die in mir etwas in Bewegung bringt.

Wie im Tempel damals, so bete auch ich hier mit Worten anderer, die mein eigenes Gebet bereichern. So wie im Tempelgebet Gott hineingenommen wurde ins Leben, nehmen auch wir ihn hinein in unsere Zukunft und die unserer Welt, und bitten ihn, dass er sich weiterhin unter uns wirksam erweist.

So wie im Tempel die Versöhnung mit Gott zelebriert und gefeiert wurde, wird mir hier in der Kirche die Vergebung Gottes zugesprochen, die er mir durch Jesus Christus schenkt. 

So wie der Tempel ein soziales Zentrum, wo Menschen sich begegneten, und gesellschaftlicher Mittelpunkt des Volkes Israel war, bin ich in unseren Gottesdiensten in einer Gemeinschaft; und ich fühle, dass ich mit denen verbunden und auf dem gleichen Weg bin, die auch ihr Leben ihrem Herrn unterstellen.

So wie die Priester damals den Segen auf das Volk gelegt haben, werde ich im Gottesdienst in den Segensraum des dreieinigen Gottes hineingestellt.

Der Tempel hatte auch Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Die Heiligkeit des Tempels blieb nicht auf das Gotteshaus beschränkt, sondern wirkte weiter: Die Anwesenheit Gottes wurde in die Alltagswelt der Menschen verlängert, indem die Menschen mit den Festgaben und der erlebten Festfreude in ihren Alltag zurückkehrten. Gottes Heil und Frieden, wirken damit in die einzelnen Familienhäuser hinein. Und auch bei uns ist das so, dass der Gottesdienst weiter wirkt, sich auswirkt auf unsere innere Haltung, darauf, welche Haltung wir zum Leben haben, aber auch darauf, wie wir mit anderen umgehen oder wofür wir uns einsetzen. Ich werde von Gott mit meinem eigenen Auftrag zurück in meine Welt gesandt.

Gottesdienst gemeinsam feiern, das ist eben doch viel mehr als einfach nur so in die Kirche gehen. Seit heute dürfen wir das wieder. Wir feiern deshalb unser Kirchenwiedereröffnungsfest.

Wir feiern es mit innerer Fröhlichkeit, nach außen aber eher verhalten, nicht so jubelnd, nicht mit so schallendem Gesang wie damals das Tempelweihfest – gezwungenermaßen, den Umständen geschuldet. Aber wir feiern fröhlich Gottesdienst.

Darum lasst uns miteinander Gott loben und die erste Strophe des nächsten Liedes singen: ich lobe meinen Gott. 

 

Predigtteil 2 

(Diakon Günter Neidhardt)

Liebe Gemeinde,

das kann ich mir so richtig vorstellen. Da ziehen sie hinauf nach Jerusalem, die Stadt Davids, um den Tempel feierlich einzuweihen. Alle, aber auch wirklich alle, wichtigen Menschen des Volkes Israel in einer langen Prozession. Die Ältesten, und die Fürsten der einzelnen Sippen, Die religiösen Würdenträger, Priester und Leviten ja das ganze Volk versammelt sich zum Fest. Allen voran König Salomo, der prunkvollste von allen. Ja ich kann mir das gut vorstellen. Die feierlichen Gewänder, und die Musik. 120 Trompeten und Zimbeln und Saiteninstrumente, sicher auch Trommeln und Harfen dazu ein Gesang wie aus einer Stimme. Kirchentag und Papstaudienz in einem.,

Ein Ereignis, das wohl keiner mehr vergisst. So wichtig, dass es in der Bibel gleich zweimal erzählt wird. Ein goldenes Zeitalter wird erwartet.

Ihr Lieben, wie scheinbar wenig passt dieses Bild von dem Fest der Tempeleinweihung zu unserem Gottesdienst heute. Statt volltönendem Gesang, mehr ein nuscheln hinter der Schutzmaske, statt einem langen Prozessionszug mit tausenden Menschen, Besuchsobergrenzen für den Gottesdienst, Abstandsregelung und Desinfektionsmittel.

Naja mag da mancher einwenden, der Predigttext für heute der wurde ja schon in Vorcoronazeiten festgelegt und zum Sonntag Kantate passt er auch recht gut. Aber ……

Dennoch es lohnt sich den Text gerade heute zu bedenken. Die Menschen des Prozessionszugs damals, so wird berichtet loben und danken Gott.

Das leitet uns hier zu der Frage: Wofür können, dürfen wir loben und danken. Gerade in dieser seltsamen Zeit. Ich will all die schlimmen Folgen gar nicht klein reden. Ja es gibt Vereinsamung und eine gestiegene Anzahl von Gewalt, ja es gibt existenzielle Not und Depression. Wir dürfen und sollen das nicht vergessen, aber wir dürfen unseren Blick aber auch auf die andere Seite werfen.

Erfahren wir nicht gerade sehr viel Solidarität und Hilfe der Menschen untereinander. Vom Einkaufsdienst bis zum „einfach so“

Anruf. Danke Gott. Familien rücken wieder näher zusammen. Danke Gott.

Entstehen nicht viele kreative Ideen in Kindergärten und Schulen um mit den Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu bleiben. Danke Gott LehrerInnen und Erzieherinnen für ihren Einsatz.

Loben wir Gott für alle MitarbeiterInnen im medizinischen Bereich, im Altenheim und im Labor, am Krankenbett und im OP. Danken wir für die Solidarität, die uns näher zusammenbringt.

Jeder von Ihnen wird ganz eigene Situationen und Erlebnisse berichten können, für die wir Gott loben und danken.

Und es ist doch tatsächlich so, wie es Unbekannter formuliert hat:

Sonne ist nicht abgesagt. Frühling ist nicht abgesagt.

Beziehungen sind nicht abgesagt. Liebe ist nicht abgesagt.

Lesen ist nicht abgesagt. Musik ist nicht abgesagt.

Fantasie ist nicht abgesagt. Freundlichkeit ist nicht abgesagt.

Zuwendung ist nicht abgesagt. Gespräche sind nicht abgesagt.

Hoffnung ist nicht abgesagt. Beten ist nicht abgesagt.

Und der Gaube schon gar nicht den, und das gilt gerade in diesen Coronazeiten: Glaube ist der Sieg der die Welt überwunden hat. Ein Grund zusammen mit den Feiernden am Berg Zion Gott zu loben und ihm zu danken.

 

Predigtteil 3: 

(Pfr. Jörg Mahler)

Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den HERRN lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus des HERRN erfüllt mit einer Wolke, 14 sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.

Die Menschen haben damals beim Tempelweihefest die Herrlichkeit Gottes erlebt. Ich denke, junge Leute kennen ähnliches von Konzerten ihrer Stars: Da ist man dabei in der großen Menge, die Musik, die Stimmung, das Idol auf der Bühne. Da springt etwas über, ein besonderer Spirit, manche gelangen in Ekstase, wenn sie mittanzen und mitsingen. Auch wer schon einmal einen charismatischen Gottesdienst miterlebt oder im Fernsehen verfolgt hat, der kennt ähnliche Phänomene aus dem Bereich der Kirche. „Mit einer Wolke“ wurde das Gotteshaus erfüllt, schreiben die Chronisten. Für mich ein Bild dafür, dass dieses besondere Erlebnis diesen ganzen Raum erfüllt hat.

Ja, auch ich spüre die Herrlichkeit Gottes, aber ganz anders als durch solche großen ekstatischen und außergewöhnlichen Phänomene. Das ist eher etwas Seltenes. Ich erlebe die Herrlichkeit Gottes vielmehr in vielen kleinen Dingen, wenn mich Kinder anlächeln und ich ihnen beim Spielen zusehe, in einer wertvollen bereichernden Begegnung, wenn ich mich einfach an den blühenden Frühlingsbäumen und der Natur freue. Diakon Neidhardt hat einige Beispiele genannt, wofür wir Gott trotz Corona und in Corona-Zeiten danken und loben können: In all diesen kleinen und großen Dingen ist sie erlebbar, die Herrlichkeit Gottes.

Und natürlich auch jetzt hier in unserer St. Johanniskirche: Wenn wir im Gotteshaus miteinander fröhlich singen und beten. Heute ganz besonders, weil es das erste mal nach langer Abstinenz ist. Aber genauso in jedem anderen Gottesdienst, ob viele oder wenige Besucher da sind, ob mit leiser Musik oder schallenden Festgesängen wie bei den Konfirmationen. Gottes Herrlichkeit ist erlebbar und spürbar. Vielleicht nicht immer für jeden. Aber wenn wir uns drauf einlassen, dann stehen die Chancen gut, dass wir ihm begegnen und seine Gegenwart, seine Herrlichkeit spüren, und dann auch in uns weitertragen.

Kantate, heißt unser Sonntag: Singet Großer Gott, wir loben dich

Damals beim Tempelweihfest haben sie ihrem Gott gesungen. Heute singen wir miteinander. Und ich singe auch gerne mal zu Hause: fröhliche Loblieder, aber auch mal Trost- und Kraftlieder. Egal, was das Leben mit sich bringt: Unser Gott ist mit uns, seine Gegenwart schenkt er im Guten und Schweren. Gerade auch durch die Musik, die Melodien und Texte, die Resonanz, die das Singen in uns auslöst, kommen wir Gott und seiner Kraft nahe und er uns. 

Mögen wir seine Herrlichkeit immer wieder in unseren Gottesdiensten erleben, aber auch mitten im Alltag, und das ganz besonders auch durch die Musik. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Gebet

Lieber himmlischer Vater,

wir sind dankbar für alle Zeichen deiner Liebe zu uns. Wir loben dich und danken dir für deine Güte und für deine Barmherzigkeit.

Wir bitten dich, bleibe bei uns in dieser schwierigen Zeit. Beschütze die, die vom Coronavirus betroffen sind, heile die die krank sind und beschütze ihre Familien, Angehörige und Freunde vor Ansteckung. Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

Schenke uns deinen Geist der Liebe und der Besonnenheit, auf dass wir zusammenwirken um die Pandemie einzuschränken und zum Erliegen zu bringen. Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

Mache uns wach, aufmerksam und vorausschauend auch im Blick auf die Bekämpfung alle anderen Krankheiten die unter den Menschen Leid. Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

Heile uns von unserer Selbstbezogenheit in der wir nur noch an uns selbst denken. Öffne unsere Augen Ohren und unsere Herzen für die Menschen die besonders in den armen Ländern dieser Welt Leid zu tragen haben. Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

Stärke und ermutige die, die im Gesundheitswesen, in Kliniken und Pflegeeinrichtungen arbeiten, alle die die unsere tägliche Versorgung sicher stellen Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

Leite die politisch Verantwortlichen, dass sie mit Weisheit Entscheidungen treffen, hilf dass Gerechtigkeit waltet, so dass alle Menschen Heil und Heilung erfahren. Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

Heile unsere Welt, Heile unsere Körper, stärke unsere Herzen und Sinne. Schenke uns Hoffnung und gib uns Frieden. Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

In deine gnädigen Armen halte alle, die gestorben sind und die in dieser zeit sterben werden. Tröste die Hinterbliebenen, tröste die, die verzweifelt sind. Höre unser Rufen, o Gott.

G: Höre unser Gebet

Gedenke einer Familie, der ganzen Menschheit, und deiner ganzen Schöpfung, in deiner großen Liebe.

G: Amen

Lied: Von guten Mächten wunderbar geborgen