Gottesdienst am 18. Sonntag nach Trinitatis - 11. 10.2020

 

 

St. Johannis

Predigt:
Lektor Roland Dier

"Das Wort ist
nahe bei dir"

Gebet

Gott, du bist der Ursprung aller Liebe; aus Liebe hast du alles erschaffen, aus Liebe hast du uns bewahrt bis zu diesem Tag. Mach unser Leben zu einer Antwort auf diese Liebe. Gib uns die Kraft, dich über alles zu lieben und deine Güte weiterzugeben an die Menschen auf unserem Weg.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit.

Amen

Predigt

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen. Lasst uns in der Stille um den Segen des Wortes beten.

Herr segne unser Reden und hören

Amen

Liebe Gemeinde,

„Alles was Spaß macht, verbietet den Jungen der Lehrer, den Alten der Arzt und uns allen miteinander der Pfarrer“.

Von der Wiege bis zur Bahre, nicht nur Formulare, sondern auch Vorschriften, Regeln, Gebote . Nein, ich will heute nicht über steigende Coronazahlen und die dahinter stehenden dummen Verstöße gegen geltende Regeln reden. Obwohl sich der heutige Predigtext durchaus anbieten würde. Der heutige Predigttext der im fünften Buch Mose dem Deuteronomium, auf Deutsch "Die zweite Verkündigung des Gesetzes". Ein Buch also voller Regeln und Vorschriften. Es enthält die abschließenden Ermahnungen, Gebote und prophetischen Warnungen, die Gott dem Volk Israel durch Mose mit auf den Weg gab, bevor sie das verheißene Land einnehmen sollten. Hören wir was Mose dem Volk im Kapitel 30 des Buches mitzuteilen hat:

Predigttext: 5. Mose 30,11-14

Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen, dass wir's hören und tun? Es ist auch nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren und es uns holen, dass wir's hören und tun? Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.

Liebe Schwestern und Brüder,

ist das nicht eigentlich ein Mutmachtext: „Das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern… Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.“

Ja es sind Gebote, Regeln, Vorschriften, an die wir im 5 Buch Mose erinnert werden. Aber sie sind nicht zu schwer, sie sind nicht zu groß. Auch nicht für uns!

Diese Gebote und Regeln, sie sind nicht da um uns zu ärgern oder gar zu knechten.

Gott will, dass es seinen Geschöpfen gut geht: keine Diebstähle, keine Morde, kein Streit mit Nachbarn, keine betrogenen Ehepartner und weinenden Kinder, keine shitstorms, fakenews und alternative Fakten. Kein Mobbing auf dem Schulhof. Keine Eltern, die ins billigste Pflegeheim abgeschoben werden, damit ihr Haus fürs Erbe gerettet wird. Kein Hamsterrad mit Hetze ohne Ende, sondern jeden 7. Tag himmlische Ruhe.

Erkennen sie sie wieder? Ja es sind die 10 Gebote. Ganz weit vorne stehen sie in der Bibel, im alten Testament. Und weiter  hinten in der Bibel, im neuen Testament hat Jesus sie sozusagen ergänzt. Ergänzt durch das Doppelgebot der Liebe, Gott lieben und den Nächsten. Das eine Gebot halten, in dem man das andere lebt: Gott lieben im Nächsten und den Nächsten lieben, weil wir Gott lieben. Was das konkret bedeutet? Dazu hat uns Jesus viele Beispiele gegeben. Wir alle kennen die Geschichten über die Heilungen von Kranken. Wir kennen die Gleichnissen, wie z. B. das vom barmherzigen Samarieter. Und er hat Zeichen gesetzt, z. B. durch den Einsatz für die Ehebrecherin der die Steinigung drohte.

Gott im Nächsten lieben. Das ist zugleich Gebot und Auftrag. Denn, „Christus hat keine anderen Hände als unsere,” so hat es die Theologin Dorothee Sölle einmal formuliert. Und liebe Schwestern und Brüder, wir wissen doch alle, durchs Leben mit seine Höhen und Tiefen kommen wir nur im Vertrauen auf Gott und mit der Hilfe unserer Mitmenschen. Und sich über etwas freuen ist zusammen auch viel schöner als es alleine zu tun.

Wenn wir einmal in einer ruhigen Minuten in uns hineinhören, so werden wir hören, dass da jemand ist der uns sagt: Du darfst leben. Und uns sagt: So kannst du leben.

Das gehört zusammen: Gott in sich spüren und den Trost und die Zuversicht die er uns gibt. Aber auch spüren, was jetzt dran ist. Was Gottes Wille ist. Was zu tun ist. Mit allem Mut, der aus dem Vertrauen kommt, Gott ist bei uns, er lässt uns nicht allein.

Man kann, so denke ich, in unserem Glauben auf zweierlei Weise scheitern:

Wer nur danach schaut, was alles getan werden muss - und es gibt viel Gutes, was zu tun wäre - wer sich verliert in allem, was so wichtig ist und ansteht, und wer darüber vergisst, dass nicht er selbst der Herr seines Lebens und dieser Welt ist. Wer denkt das er  allein die Welt zu retten hätte, der wird über kurz oder lang in der Überforderung, im Burnout enden. Er wird zerbrechen an den Geboten, Vorschriften und Regeln.

Wer sich aber auf der anderen Seite in der Versenkung verliert, sich in der Liebe Gottes bequem einschmiegt, wie auf dem Sofa an einem kalten Herbstag und darüber vergisst, dass dieser Gott auch der Herr der Geschichte ist und uns Menschen einen Auftrag in und für diese Welt gegeben hat, der wird sich irgendwann mit der Frage konfrontiert sehen: Was hast du aus deinen Gaben, die dir gegeben wurden, gemacht?

Es ist die Kraft und Stärke unseres Glaubens, dass er nicht nur innerlich aufrichtet, sondern dass er auch nach außen wirkt. Dass er beides verbindet: das Gefühl des Einklangs mit dem Schöpfer dieser Welt und das Wissen darum, wie diese Schöpfung ihrem Ziel entgegen geführt werden kann und was dabei unsere Aufgabe ist.

Zum Schluss noch einmal der letzte Vers unseres Predigttextes: Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.

Gott ist der Eine und Einzige. Er ist mein Gott. Und er ist Gott dieser Welt. Und dort, wo andere sich als die Herren unseres Lebens aufspielen, ist für Gott und für uns etwas zu tun.

Sei es im Protest gegen eine Politik, die beim Sparen immer zuerst an die denkt, die sich eh nicht wehren können und beim Ausgeben sich selbst ein Denkmal setzen will und ein Großprojet nach dem anderen auf den Weg bringt oder gar nur in die eigene private Tasche wirtschaftet.

Sei es im Nein zu einer Politik, die den Lebenswillen der Mehrheit zugunsten des Profitwillens einiger weniger vernachlässigt.

Sei es in der konkreten Hilfe vor Ort den Menschen gegenüber, die in diesem System unter die Räder kommen.

Die Anleitung für ein solches Tun haben wir schon. Wir müssen nirgendwo hinrennen um danach zu suchen.

Gottes Wort ist der Schlüssel für unser Leben.

Und es ist ganz nah in unserem Herzen und in unserem Munde, dass wir es tun.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!

Amen

Fürbittgebet

Herr, du hast geboten, Gott und den Nächsten zu lieben.
Wir wollen danach leben und die Liebe weitergeben,
die wir von dir empfangen haben.
Wir bitten dich für die Menschen, die am Gewohnten festhalten und sich nicht auf Veränderung einlassen können:
Nimm ihnen die Angst und lass sie spüren von deiner Freiheit und dem Reichtum, den du täglich neu schenken willst.

Wir bitten dich: Herr, erhöre uns!

Wir bitten dich auch für diejenigen, die immer das Neue suchen:
Hilf ihnen, geduldig mit sich und anderen umzugehen;
gib, dass sie schätzen lernen, was den Müttern und Vätern wertvoll war, damit sie für ihr eigenes Leben und ihren Glauben daraus lernen.

Wir bitten dich: Herr, erhöre uns!

Wir bitten dich für die Frauen und Männer, die in den Kirchen- und Gemeindeleitungen mitarbeiten:

Schenke ihnen einen festen Glauben und ein mutiges Herz, damit sie sich verantwortlich, hoffnungsvoll und fröhlich für den Glauben einsetzen und deine Gemeinde recht leiten.

Wir bitten dich: Herr, erhöre uns!

Wir bitten für uns alle: Hilf uns, nach deinem Willen zu leben; lass uns nach der Richtschnur deiner Liebe deine Gemeinde sein, damit durch sie in dieser Welt Gerechtigkeit und Friede und Freude aus deinem Heiligen Geist spürbar und sichtbar wird.

Amen

Segen

Gottes Segen sei mit euch 
auf dem gewundenen Pfad eures Lebensweges,
bei euren Aufgaben in Familien und Beruf,
bei euren Entscheidungen, die ihr täglich trefft,
bei jedem Schritt, den ihr ins Unbekannte tut.
Gottes Segen sei mit euch.