Gottesdienst in der Domäne anlässlich der Verabschiedung Pfarrer Mahlers aus Rödental-St. Johannis am 27. Juni 2021

 


Predigt:

Pfarrer Jörg Mahler

"Gottes Hand 
ist mit uns"

Gruß:

Ich grüße Sie und Euch alle ganz herzlich zu diesem Gottesdienst bei wunderschönem Wetter in der Oeslauer Domäne.

Es ist mein letzter Gottesdienst als Gemeindepfarrer von St. Johannis Rödental.

Mein Abschied fällt fast mit dem Gedenktag unseres Kirchenpatrons Johannes des Täufers zusammen: Am Donnerstag war der Johannistag.

Und das passt in mehrfacher Hinsicht:

Ich verlasse eine Kirche und Kirchengemeinde, die nach Johannes dem Täufer benannt ist, und auch meine neue Kirche trägt den Namen Johanniskirche. Der Täufer – ein verbindendes Element zwischen Rödental und Röslau.

Und in manchem ist der Dienst eines Pfarrers durchaus mit dem Wirken von Johannes vergleichbar.

Einige kennen bestimmt den Hymnus für den Johannistag:

 Wir wollen singn ein' Lobgesang

Christus dem Herrn zu Preis und Dank,

der Sankt Johann vorausgesandt,

durch ihn sein Ankunft macht bekannt. (EG 141,1)

Johannes hat Christus bekanntgemacht, und das verstehe ich auch als meine Aufgabe: auf Jesus und sein Evangelium hinzuweisen, zu helfen, seine Spuren und sein segensreiches Wirken mitten im Leben und der Welt zu entdecken.

Und so feiern wir heute mit meinem Abschied passenderweise auch den Johannistag nach.

Ich freue mich über Sie und Euch alle, die Sie, die Ihr mit mir diesen Tag begeht.

Uns allen einen gesegneten Gottesdienst.

 

Predigttext: Lukas 1,57-66.80 

Und für Elisabeth kam die Zeit, dass sie gebären sollte; und sie gebar einen Sohn. 58 Und ihre Nachbarn und Verwandten hörten, dass der Herr große Barmherzigkeit an ihr getan hatte, und freuten sich mit ihr. 59 Und es begab sich am achten Tag, da kamen sie, das Kindlein zu beschneiden, und wollten es nach seinem Vater Zacharias nennen. 60 Aber seine Mutter antwortete und sprach: Nein, sondern er soll Johannes heißen. 61 Und sie sprachen zu ihr: Ist doch niemand in deiner Verwandtschaft, der so heißt. 62 Und sie winkten seinem Vater, wie er ihn nennen lassen wollte. 63 Und er forderte eine kleine Tafel und schrieb: Er heißt Johannes. Und sie wunderten sich alle. 64 Und sogleich wurde sein Mund und seine Zunge aufgetan, und er redete und lobte Gott. 65 Und es kam Furcht über alle Nachbarn; und diese ganze Geschichte wurde bekannt auf dem ganzen Gebirge Judäas. 66 Und alle, die es hörten, nahmen's zu Herzen und sprachen: Was wird aus diesem Kindlein werden? Denn die Hand des Herrn war mit ihm. 80 Und das Kindlein wuchs und wurde stark im Geist. Und er war in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er vor das Volk Israel treten sollte.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.


Predigt:

Liebe Gemeinde,

Pfarrer zu sein ist für mich der schönste Beruf der Welt. Und wenn man das dann in so einer wunderbaren Gemeinde wie St. Johannis sein darf – das ist ein großes Geschenk. Und darum danke ich Gott für die vergangenen 9 Jahre.

Mir macht die Vielfalt, die der Pfarrberuf hat, große Freude. Ich darf Menschen von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter begleiten. Besondere Momente dabei sind, wenn ich miterlebe, wie die Frohe Botschaft im Leben relevant wird und segensreich wirkt. Und so habe ich immer wieder versucht, bei Besuchen, Andachten und Gottesdiensten Worte der Bibel mit dem konkreten Leben zusammenzusprechen. Immer wieder staunen wir, wie aktuell die alten biblischen Texte sein können, wie die Lebens- und Glaubenserfahrungen der Menschen der Bibel gar nicht so weit weg von den unseren sind, und wie uns die Bibel gute Worte, Impulse, Kraft, Trost und Hoffnung mitgibt.

Wir haben vorhin den Predigttext für den diesjährigen Johannistag gehört. Neben Jesus ist Johannes der Täufer der einzige im Neuen Testament, zu dem eine ausführliche Geschichte rund um seine Geburt erzählt wird. Darin spielen dessen Eltern Elisabeth und Zacharias eine große Rolle. Ich möchte uns in der Predigt ein wenig in sie hineindenken und ihre Erfahrungen mit den unseren verbinden.

Elisabeth:

Elisabeth. Eine fromme und gerechte Frau. Um so schwerer war für sie die Last der Kinderlosigkeit, galt doch ein Reichtum an Kindern als besonderes Zeichen göttlichen Segens. Eine „Schmach“ nennt sie ihre eigene Situation (V25). Dass sie noch jemals dieser Schmach ledig werden würde, war nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen. Sie war unfruchtbar, und außerdem waren sie und ihr Mann schon über das Alter hinaus, in dem Frau früher normalerweise Kinder bekam.

Was aber nach menschlichem Ermessen unmöglich ist, ist bei Gott möglich: Elisabeth wurde schwanger. Und ihr Kind, so hatte es der Erzengel ihrem Mann offenbart, wird einer sein, mit dem Gott Großes vor hat.

Und für Elisabeth kam die Zeit, dass sie gebären sollte; und sie gebar einen Sohn. 58 Und ihre Nachbarn und Verwandten hörten, dass der Herr große Barmherzigkeit an ihr getan hatte, und freuten sich mit ihr. (V 57f)

Gott hatte große Barmherzigkeit an ihr getan. Und die Nachbarn und Verwandten freuen sich mit ihr mit.

Auch an uns als Familie hat Gott seine Barmherzigkeit erwiesen, als er unseren Weg hierher nach St. Johannis gelenkt hat: Meine Frau und ich wurden herzlich aufgenommen, und wir sind mit vielen hier herzlichst verbunden. Mitgefreut habt ihr euch über unsere Hochzeit in St. Johannis, über die Geburt und die Taufen unserer drei Kinder. In unserer Kirchengemeinde gibt es so vieles, wofür ich dankbar bin: die  Menschen, die sich für die Gemeinden einsetzen, die vielen Gruppen und Kreise, spannende theologische Gespräche mit den Konfis und Präpis, wundervolle Musik bei unseren Gottesdiensten, und, und, und. Ja: Gott hat große Barmherzigkeit an uns getan, als er uns hierher geschickt hat. Das alles macht uns das Abschiednehmen schwer. Vielen geht es ebenso, die uns verabschieden müssen, und doch habe ich in den letzten Tagen sehr oft gehört: Wir gönnens euch, jetzt näher zu Oma und Opa zu kommen. Wir freuen uns mit für die Kinder.

Hat Gott auch an Euch große Barmherzigkeit getan? Habt auch ihr in eurem Leben gespürt, wie ihr von Gott gesegnet seid? Der Blick auf Elisabeth lädt ein, ins eigene Leben zu schauen und dort Gottes Barmherzigkeit zu entdecken. Manches ist ganz offensichtlich, und da sagt ihr von Herzen: Gott sei Dank. Auf manches stoßen wir erst, wenn wir unser Leben bewußt mit Augen des Glaubens anschauen und mit Gott zusammendenken. Wir werden Gründe des Dankes finden. Auch in Coronazeiten. Auch im Alter. Oft wurde mir bei Besuchen und anderen Gelegenheiten davon erzählt: wie jemand Gott dankbar ist, wie jemand - in Worten des Lukas gesprochen - seine Barmherzigkeit erlebt habt. Und da freue ich mich gerne mit.

Namensgebung:

Wenn ein Baby im Bauch heranwächst, da stehen die Eltern vor der Aufgabe, sich Gedanken über den Namen des Kinds zu machen. Zur Zeit Jesu war es Brauch, die Namensgebung für Jungs mit dem Fest der Beschneidung am achten Tag nach der Geburt zu verbinden, so wie bei uns Christinnen und Christen  früher eine zeitlang der Name bei der Taufe vergeben wurde.

Und es begab sich am achten Tag, da kamen sie, das Kindlein zu beschneiden, und wollten es nach seinem Vater Zacharias nennen. 60 Aber seine Mutter antwortete und sprach: Nein, sondern er soll Johannes heißen. 61 Und sie sprachen zu ihr: Ist doch niemand in deiner Verwandtschaft, der so heißt. 62 Und sie winkten seinem Vater, wie er ihn nennen lassen wollte. 63 Und er forderte eine kleine Tafel und schrieb: Er heißt Johannes. Und sie wunderten sich alle. (V 59-63)

Das Kind ist schon da, und da wird noch über den Namen diskutiert. Das kennen wir. Als unsere Tabea geboren wurde, da hatten wir zwei Namen zur Auswahl. Der Arzt musste zu einem Notfall, und so war uns noch eine Stunde im Kreissaal geschenkt, uns festzulegen. Hier aber mischen nicht nur Mama und Papa mit, sondern auch diejenigen, die zur Feier der Beschneidung geladen waren, haben so ihr eigenen Vorstellungen, wie denn das Kind heißen solle. Namen, die bereits Vorfahren getragen haben, sind bis heute ab und an beliebt. Aber Elisabeth zaubert einen ganz anderen, ganz neuen Namen hervor: Johannes. Und das nicht, weil sie etliche Internetseiten mit Namenslisten durchgegangen ist und ihr dieser so gut gefallen hat, sondern weil der Erzengel ihrem Mann gesagt hatte, wie denn dieses besondere Kind heißen soll.

Unterschiedliche Meinungen, die gibt’s oft auch in der Kirchengemeinde und im Kirchenvorstand. Und wir müssen zu Entscheidungen kommen. Da hat allerdings nicht der Pfarrer das letzte Wort, so wie in unserer Geschichte der Zacharias, der darauf besteht: Er heißt Johannes!

Wir diskutieren, tauschen Argumente aus. In den vergangenen 9 Jahren waren wir uns meistens sehr schnell einig. Manchmal aber, da steht Meinung gegen Meinung. Als Pfarrer habe ich mich oft zurückgenommen,  ab und an aber auch für das gestritten, wovon ich überzeugt war, dass es jetzt das Richtige wäre.

Entscheidungen treffen – im Blick auf die Tradition, aber auch nicht ohne das Neue, die Innovation außen vorzulassen; im Blick auf das, was Menschen- und sachgerecht ist, und im Hören auf Gott selbst. So werdet ihr, werden unsere Gemeinden auch in Zukunft bei all den Herausforderungen, die anstehen, einen guten Weg gehen.

Die Entscheidung damals fiel für den Namen Johannes. Auch einer unserer beiden Söhne heißt Johannes. Johannes, ein Name mit hebräischen Wurzeln: Gott ist gnädig. Gnädig war er zu Zacharias und Elisabeth, dass sie ihn bekommen durften. Und trotz dessen, dass er vom Gericht Gottes predigt, wird Johannes auf den hinweisen, der Gottes Gnade zu den Menschen bringt.

Zacharias:

Als der Erzengel dem Zacharias die Geburt eines Sohnes und dessen göttlichen Auftrag angekündigt hatte, da war es für ihn eine so gewaltige Botschaft, dass er sich ein Zeichen erbat, um sicherzugehen, ob das, was ihm da in Aussicht gestellt wurde, auch wirklich gewiß ist. Und prompt schickte der Engel ihm ein Zeichen: Sein Mund wurde verschlossen, er konnte nicht mehr reden.

Zur Stille gezwungen. In so einer Stille besteht die Chance, zu sich selbst zu kommen. Die Gedanken nach Innen zu richten, in sich einzukehren, mit Gott in Kontakt zu sein, sich neu seines Lebens bewusst zu werden, seiner Ziele. Es ist wichtig und tut gut, wenn wir auch ab und zu Verstummen und so zu uns selbst und zu Gott kommen.

Zacharias  konnte nicht mehr reden, und daher musste er, gefragt nach dem Namen seines Sohnes, diesen auf ein Täfelchen schreiben.

Und sogleich wurde der Mund des Zacharias und seine Zunge aufgetan, und er redete und lobte Gott. (V64)

Zacharias kann wieder reden. Und was sind seine ersten Worte? Er führt keinen Smalltalk mit seiner Frau und den Umstehenden. Er redet sich auch nicht die vielen kleinen Dingen vom Herzen, die sich da in den 9 Monaten Schweigen angestaut haben. Sondern das kommt aus ihm heraus, wessen das Herz voll ist: Er lobt Gott, der sein Wort gehalten hat. Er hat mit seinem Gott etwas Großartiges erlebt, und da kann er nicht anders, als ihn zu loben.

So ein Gotteslob, das hat oft eine zweifache Zielrichtung: Es kann direkt an Gott gerichtet sein: „Großer Gott, wir loben dich.“ Oder aber: Man lobt Gott vor den anderen, erzählt ihnen von den eigenen ganz besonderen Erfahrungen mit ihm. Macht Gott vor den anderen groß.

Großer Gott wir loben dich: Nicht nur ich habe da manchmal etwas Nachholbedarf. Erkennen, wie sich Gott uns barmherzig zuwendet und was er alles schenkt, das ist das eine. Aber oft ist es dann schon noch ein Wegstück, bis sich auch unser Herz mit Freude über Gottes Wirken füllt, und auch ein Lob Gottes über unsere Lippen kommt. Die Loblieder unseres Gesangbuchs sind mir dazu eine große Hilfe.

Und das andere: Gott vor den anderen groß machen, so wie es Zacharias in seinem Lobgesang, dem Benedictus tut. Ist es nicht eigentlich die Aufgabe aller Getauften, das Evangelium zu bezeugen? Und viele tun dies auch. Dabei bleiben Momente nicht aus, wo die Worte  fehlen, wo man stumm ist und bleibt. Wo jemandem zum Beispiel Schlimmes wiederfahren ist, und wir den Trost des Glaubens bringen wollen und doch selbst um Worte ringen. Der, der Zacharias den Mund verschlossen hatte, hat ihn wieder geöffnet. Und darauf vertraue ich auch bei uns: dass Gott uns den Mund zur rechten Zeit öffnet, um das Rechte zu sagen.

Der kleine Johannes, den man einmal Täufer nennen wird

Und alle, die es hörten, nahmen's zu Herzen und sprachen: Was wird aus diesem Kindlein werden? Denn die Hand des Herrn war mit ihm.

Was will aus diesem Kindlein werden? Was wird aus der Kirchengemeinde St. Johannis? In der Vakanz? Angesichts des anstehenden Landesstellenplans und der Stellenkürzung in der Region? Was wird aus uns als Familie? Wie wird mein neuer Kirchenvorstand, die Gemeinde sein? Wie werdet ihr die Herausforderungen bestehen, vor denen ihr steht? Angesichts aller Unsicherheit tröstet und stärkt mich das, was Lukas zu Johannes schreibt und was auch für uns gilt:

Die Hand des Herrn ist mit ihm. Die Hand des Herrn ist mit Euch als Gemeinde, mit uns als Familie, mit mir als Pfarrer. Sie war es, sie ist es und sie wird es bleiben. Dies ganz tief drin zu wissen, das kann Ruhe und Gelassenheit schenken, egal, was auf einen zukommt.

Johannes: Die Hand des Herrn war wirklich mit ihm: Das Kindlein wuchs und wurde stark im Geist. Und er war in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er vor das Volk Israel treten sollte.

Und dann trat er vor das Volk: Johannes wurde zu einem wortgewaltigen Prediger, zu dem sie an den Jordan kamen. Er hat den Finger in die Wunden der Gesellschaft gelegt hat und zur Umkehr aufgerufen. Er hat Menschen getauft und ihnen die Vergebung zugesprochen. Er hat Christus den Weg bereitet hat. Sein Einsatz für Gott hat ihn aber freilich auch den Kopf gekostet hat.

Als Pfarrer bin ich auch immer wieder vor Menschen getreten, bei großen Veranstaltungen oder bei intimen Seelsorgegesprächen. Mein Anliegen war es, Menschen und die Gemeinde als Ganze im Leben und Glauben geistlich zu begleiten und zu stärken.

Ganz besonders bewegt hat mich eine mail in der vergangenen Woche. Ich habe die Erlaubnis, sie vorzulesen: Eine Mutter eines meiner Grundschulkinder schreibt: „Mein Sohn hat mir gestern Abend unter Tränen berichtet, dass Sie umziehen werden.  Er ist wirklich sehr traurig, weshalb er Ihnen auch unbedingt noch ein persönliches Geschenk als Danke für diese unglaublich tolle Taufe und die Hilfe die Sie für ihn waren übergeben möchte. Seitdem er Halt im Glauben gefunden hat, den Sie ihm in der leider sehr kurzen Zeit vermittelt haben, ist er unglaublich zielstrebig geworden, seine Noten sind urplötzlich unglaublich toll, weil er auf Gott vertraut.“.

Das sind Sternstunden für einen Pfarrer. Das ist einer jener besonderen Momente, wo die Frohe Botschaft Wirkung zeigt. Groß ist unser Gott! Dankbar bin ich, wo Gott wie hier durch mich unter euch segensreich gewirkt hat. Aber genauso werde ich auch dem ein- oder anderen nicht immer gerecht geworden sein, was mir Leid tut und wofür ich um Verzeihung bitte.

Ich komme zum Ende:

Johannes der Täufer lebte in dem Bewußtsein: das Alte vergeht, Neues bricht mit Christus an. Gott gehört die Zukunft. Sein Reich wird kommen.

Gehen wir getrost und gelassen unseren Weg mit all den Herausforderungen, die vor uns liegen, denn: Gottes Hand ist mit uns. Er wird uns mit hineinnehmen in seine Zukunft.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.