2. Kurzandacht von unserem Lektor Roland Dier - 06.05.2020

 

 

 

 

Zaun und Kreuz

Auslage in St. Johannis und

Veröffentlichung auf der Homepage

 

 

Zaun und Kreuz. Beides steht für Schutz. Ein Zaun schützt das eigene Grundstück, das eigene Haus vor Eindringlingen, ja auch vor Gefahren und Bedrohungen von Außen. Der Zaun zum Schutz unseres Lebens heißt heute shot down. Und dieser Zaun wird nun so langsam eingerissen. Natürlich freue ich mich über die Freiheiten, die nun in mein Leben zurück kehren. Ich freue mich darauf, dass ich zum Wandern etwas weiter weg fahren darf. Die Wege um Rödental kenne ich zumindest gefühlsmäßig in- und auswendig. Ich freue mich darauf meine Kinder und mein Enkelkind nicht mehr nur digital zu sehen, sondern „in echt“.  Ich freue mich auch, auf den nächsten Gottesdienst in der Kirche. Doch bei aller Freude, und ich weiß nicht wie es Ihnen geht, bleibt da, irgendwo tief in mir drinnen, die Sorge, die Sorge ob dies alles so richtig ist? 

Doch da ist ja noch das andere Schutzsymbol. Das Kreuz, steht es doch für das große Schutzversprechen aus dem Alten Testament:

»Ich schließe meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen und auch mit allen Tieren, die bei euch in der Arche waren und künftig mit euch auf der Erde leben, den Vögeln, den Landtieren und allen kriechenden Tieren. Ich gebe euch die feste Zusage: Ich will das Leben nicht ein zweites Mal vernichten. Die Flut soll nicht noch einmal über die Erde hereinbrechen.“

Und wieder rühren sich da Zweifel. Schützt dieses Kreuz auch wirklich und vor was schützt es eigentlich? 

Bin ich noch ein guter Christ, wenn mich solche Zweifel umtreiben? Ja, denn ich bin nicht alleine mit diesen Zweifeln. Die Bibel ist voll von Zweiflern, angefangen vom Volk Israel bei seinem Zug durch die Wüste, bis hin  zum sprichwörtlich gewordenen „ungläubigen Thomas“. 

Doch es gibt nicht nur die Zweifler. Da gibt es ja noch die Menschen, die selbst in den schwersten und dunkelsten Zeiten ihren Glauben nicht verloren haben. Denken Sie nur an Dietrich Bonhoeffer, an dessen Todestag wir erst vor kurzem gedacht haben oder an Hiob.

Und wovor schützt mich dieses Kreuz?

Mich schützt es davor hoffnungslos zu werden. Hoffnungslos, weil ich zweifle, ob wir mit den wiedergewonnen Freiheiten verantwortungsbewusst umgehen können.

Mich schützt es davor ungerecht zu werden. Ungerecht, wenn ich den Politikern pauschal unterstelle, bei all ihrem Tun und Handeln, nur die nächsten Wahlen und nicht unser aller Wohl im Auge zu haben. 

Mich schützt es davor egoistisch zu werden. Egoistisch, wenn ich trotz aller berechtigter Sorge um mein Wohl und meine Gesundheit und die meiner Familie, die Not und das Elend der Anderen aus den Augen verliere, deshalb:

Herr guter Gott himmlischer Vater,
sei an unserer Seite in diesen Tagen der Pandemie und an allen Tagen unseres Lebens.
Stärke uns damit wir unser Leben so leben, dass wir der Verantwortung für unsere Brüder und Schwestern gerecht werden.
Gib uns die Kraft, dass wir den Glauben an das Gute im Menschen nicht verlieren.
Zeige uns Wege, die wir gehen können, wenn es gilt anderen Menschen zu helfen und ihnen zur Seite zu stehen.

Amen

Ich wünsche Euch/Ihnen, das ihr den Schutz findet, den ihr gerade braucht,.

Roland Dier