Gottesdienst (Jubelkonfirmationen) in St. Johannis am Sonntag Exaudi - 13. Mai 2018

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St. Johannis

Predigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Jubelkonfirmationen"

Predigttext: Jeremia 31,31-34

Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloß, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: «Erkenne den HERRN», sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, klein und groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken. 

Predigt 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen. 

Liebe Jubilare, 

früher, da gab es sie noch, die Jugendbanden. Auch in Oeslau waren sie unterwegs. Nachbarskinder aus einem Viertel waren verbündet, und oft gabs Neckereien oder Sticheleien mit den anderen. In so einer Jugendbande war klar: Man gehört zusammen, und steht füreinander ein. Bande, das Wort kommt von verbünden, Bund. 

Wir kennen noch andere Bünde, z.B. den Bund der Ehe, den die meisten von uns eingegangen sind: Da entscheiden sich zwei füreinander, dazu, miteinander durchs Leben zu gehen und Verantwortung füreinander zu übernehmen, in guten wie in schlechten Tagen. Und auch unser Land besteht eigentlich aus mehreren Ländern, die sich zur Bundesrepublik Deutschland verbündet haben und so zu Bundesländern wurden. 

1) Bund im Alten Testament 

Auch zu biblischer Zeit gab es solche Bündnisverträge zwischen Staaten: ein großer und starker Staat schließt einen Vertrag mit einem kleinen schwächeren Staat (altorientalischen Vasallenverträge). In so einem Bundesvertrag standen die Wohltaten, die die stärkere Partei gewährt, genauso wie die Verpflichtungen der anderen Seite. 

Auch in unserem heutigen Predigttext, den wir in der Lesung gehört haben, spielt der Bund eine zentrale Rolle, und zwar hier der Bund zwischen Gott und Mensch. 

Gott hat mit Menschen immer wieder so einen Bund geschlossen - bestehend aus seinen Wohltaten einerseits und Verpflichtungen der Menschen andererseits. 

Der erste und bekannteste Bund ist wahrscheinlich der mit Noah: Gott hat ihm versprochen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen. Und Gott segnete Noah und die Seinen, aber gab ihnen auch die sogenannten noachitischen Gebote mit auf den Weg. Der Bund mit Gott schenkt Rechte, aber eben auch Pflichten. Der Regenbogen nach der großen Flut wurde zum Zeichen dieses Bundes. 

Der wichtigste Bund für das Volk Israel ist der Bund vom Berg Sinai. Gottes Wohltat: Ich habe euch aus der ägyptischen Sklaverei befreit, und werde euch in ein Land führen, in dem Milch und Honig fließen (segnender und mitgehender Gott). Und andererseits die Vertragsbedingungen für die Menschen: Diese 10 Gebote auf diesen beiden Steintafeln gebe ich euch, da haltet ihr euch dran, dann wird euer Leben gelingen. Diese beiden Steintafeln könnte man als das Zeichen des Sinai-Bundes bezeichnen. 

2) Mein Bund mit Gott 

Gott verbündet sich mit uns Menschen. Auch mit uns. Unser Bund mit Gott, der wurde in unserer Taufe geschlossen. 

Vor vielen Jahrzehnten, da hielten uns unsere Eltern und Paten über den Taufstein. Vielleicht hier in dieser Kirche an diesem Taufstein oder anderswo. So klein waren wir damals noch. Das Leben lag vor uns. Unsere Eltern wollten, dass wir zu Gott gehören, dass wir dazugehören zu diesem Bund. Deshalb haben sie uns zur Taufe gebracht. 

Der Pfarrer hat dreimal Wasser über unseren Kopf gegossen. Und er hat uns den Segen Gottes zugesprochen: das Versprechen, dass Gott uns durchs Leben begleitet, dass er uns Gutes schenkt und uns im Schweren tragen wird. Ein großes Versprechen!! Und er hat uns in unserer Taufe seinen Heiligen Geist geschenkt, der in uns unsere Gaben zur Entfaltung bringen sollte und in uns seine Früchte hervorrufen sollte: Liebe, Freundlichkeit, Geduld. Das sind Gottes Wohltaten. 

Wie sieht die andere Seite aus? Sind auch mit unserem Taufbund Bundesverpflichtungen verbunden? 

Wenn Erwachsene getauft werden, da müssen sie im Taufgottesdienst folgende Frage beantworten: „Sagst Du ab der Macht des Bösen, um Christus, deinem Herrn zu gehören?“. 

Hinter dieser Frage steckt die Erkenntnis, dass sich im Leben eines Menschen etwas ändert, wenn er Christ ist. Da hinter steht die Erwartung, dass er sich an den 10 Geboten orientiert, am Doppelgebot der Liebe. Und dass er eine enge Beziehung zu Gott pflegt, mit ihm in Verbindung steht. 

Wer als Baby getauft wird, der weiß davon natürlich nichts. Und trotzdem nimmt Gott schon kleine Kinder in seinen Bund auf, gewährt ihnen seine Wohltaten. Aber irgendwann, da kommt der Moment, wo jeder für sich diesen Bund bestätigen muss. In der Regel tun wir das 13,14 Jahre nachdem Gott diesen Bund mit uns geschlossen hat – bei unserer Konfirmation. 

Wie war es damals? Es gab den Konfirmandenunterricht, um zu lernen, was es mit Gott auf sich hat. Einiges musste damals auswendig gelernt werden. Und dann die Konfirmation. Auf den alten Fotos sieht man die damalige Mode. Geschenke gabs noch nicht so viele wie heute, da hat man sich über weniges gefreut. Und im Gottesdienst, da gabs diese beiden zentralen Momente: Einmal das Konfirmationsversprechen, bei dem ihr Pfarrer gefragt hat: „Willst Du unter Jesus Christus, deinem Herrn, leben, im Glauben an ihn wachsen und als evangelischer Christ in seiner Gemeinde bleiben?“. 

Und darauf haben Sie „Ja“ gesagt, ihr eigenes Ja zum Bund mit Gott. Und dann gabs neu den Segen Gottes, wie schon bei der Taufe. 

3) Was ist draus geworden? 

Mittlerweile sind viele Jahre ins Land gezogen, und ich frage: Was ist draus geworden? Aus diesem Bund? 

Schauen wir zuerst auf die Seite unseres Bündnispartners, auf die Seite Gottes: Wie war das in diesen vielen Jahren mit seinem Segen? Haben wir ihn gespürt, weil er uns eine Familie geschenkt hat, eine eigene Wohnung oder sogar ein Haus, Urlaube, Menschen, bei denen wir uns geborgen fühlen? Einen Sinn in unserem Leben? Hat er uns im Schweren getragen, Kraft gegeben, aus dem Dunkel wieder rauszukommen? Ich hoffe es! Die Jubelkonfirmation ist immer auch der Ort um ihm Danke zu sagen, Danke für all die Wohltaten, die er uns erwiesen hat unser Leben lang. 

Gott sagt: „Ich habe mich mit dir verbündet, bin dir treu gewesen.“ Und er fragt: „Warst umgekehrt auch du mir treu?" Spätestens jetzt im Gottesdienst zur Jubelkonfirmation, da blicken wir nicht nur zurück auf die Geschichten, die unser Leben schrieb, sondern wir blicken auch zurück auf unseren Glaubensweg. Wie ist das in meinem Leben mit Gott geworden? 

Habe ich damals bei der Konfirmation das nur so halb ernst gemeint, aber dann im Laufe meines Lebens entdeckt, wie gut der Kontakt zu Gott tut? Habe ich damals wirklich aus ganzem Herzen Ja zu ihm gesagt, dann aber ist der Kontakt zu ihm irgendwie eingeschlafen, weil das Leben so viel Verschiedenes mit sich brachte? Habe ich früher regelmäßig gebetet, am Morgen, beim Mittagessen, am Abend, habe aber dann durch leidvolle Erfahrungen meinen Glauben, meinen Gott verloren? Bin ich jeden Tag mit Gott in Kontakt, oder nur in Nöten? 

Und wie siehts mit den anderen „Bundespflichten“ aus, mit der Nächstenliebe? Es ist ja klar, dass es keiner schafft, immer zu allen nett zu sein, immer nur liebevoll mit den anderen umzugehen. Aber habe ich mich wenigstens bemüht? Habe ich immer wieder Geduld aufgebracht, auch mal nachgegeben? Habe ich den Mitmenschen in Not hier und in der Ferne im Blick gehabt? 

Jeder von uns hat seine eigene Glaubensgeschichte, die das Leben schrieb, und jeder hat seine eigene Geschichten, was den Umgang mit anderen betrifft. Und dabei gibt’s, wenn wir ehrlich sind, bei jedem auch das, was hätte anders und besser sein können. 

Ähnlich wars ja auch beim Volk Israel. Was ist aus dem Bund Gottes mit Israel geworden? An seine Gebote sollten sie sich halten, an die Grundregeln für das Leben. Für ein Leben mit Gott, damit es gelingt und damit die Menschen sich nicht gegenseitig das Leben schwer machen. Doch immer wieder haben sie sie übertreten, Gott aus den Augen verloren, Leid über andere gebracht. Unzählige Propheten hat er geschickt, um die Menschen zurechtzurücken und das Schlimmste zu verhindern. Und doch wurden die Propheten meist nicht gehört, oft sogar verfolgt. 

Wie reagiert Gott angesichts dessen, dass sein Volk den Bund mit Füßen tritt? Nein, eine neue Sintflut will er nicht mehr senden. Und erstaunlich: Auch von Strafe oder von einer Aufkündigung des Bundes seinerseits spricht er nicht. Er beantwortet die Untreue nicht mit Untreue, sondern mit noch größerer Treue. Durch den Propheten Jeremja kündigt er an, was er stattdessen vor hat: Siehe, es kommt die Zeit, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloß, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben. Einen neuen Bund will er mit seinem Volk schließen, einen anderen, einen besseren Bund. 

4) Der neue Bund – angekündigt von Jeremja 

Was ist anders an diesem neuen Bund? Was sind seine Kennzeichen? Jeremja nennt uns drei Neuerungen im neuen Bund Gottes: 

(1) Ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken. Vergebung, Neuanfang. Ohne geht es nicht, weil wir es von uns aus nie schaffen, Gott und den anderen Menschen in allem gerecht zu werden. Dass Gott uns vergibt, dass er uns einen neuen Anfang schenkt, das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass es überhaupt weiterhin einen Bund geben kann. Vergebung, das wird oft wie eine Floskel einfach so dahingesagt. Dabei ist das ein so wertvolles Geschenk, ohne das Beziehungen zum Sterben verurteilt wären, erst recht unsere Beziehung zu Gott. 

(2) Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben. Das also ist sein Plan. So will Gott den Zustand der Welt verändern, all das Leid, das Menschen in Mißachtung seiner Gebote einander antun, überwinden. Wir merken erstaunt: Die menschliche Verpflichtung im Bund fällt weg. Der neue Bund ist eine einseitige Verpflichtung Gottes, er ist ein reines Geschenk an uns. Gott will sein Gesetz direkt in unser Herz schreiben, damit es unser Denken und Handeln bestimmt. Und dann verletzt keiner mehr den anderen. 

(3) Sie sollen mich alle erkennen. „Die Menschen sollen nicht mehr fragen: Meinst du wirklich, dass es ein höheres Wesen gibt? Oder: Wenn es einen Gott gäbe, wo soll er denn sein? Und: Wenn es der liebe Gott wäre, warum lässt er dann so viel Schreckliches zu, wo man so oft nicht versteht, warum das eine oder andere Schreckliche geschieht. Alle sollen Gott begreifen können, durch alle Rätselfragen hindurch“ (Gotthard Preiser, Predigt über Jeremia 31, 31 – 34, predigtpreis.de), seine Nähe, seine Zuneigung trotz allem spüren. 

5) Der neue Bund in Christus. Ein neuer Bund. Alles scheint verwandelt zu werden. Zum Guten hin. „Es kommt die Zeit“, sagt der Prophet. Alles Zukunftsmusik? Ja, wann kommt sie denn, diese Zeit? 

Ich behaupte: Es ist zwar vieles noch nicht so, wie Jeremja schreibt, aber der Neue Bund ist doch schon längst in Kraft, die Verwandlung hat begonnen. Spricht nicht Jesus von diesem neuen Bund in Bezug auf sich selbst? Was hatte er an seinem letzten Abend gesagt, als er mit den Seinen Brot und Wein teilte?: Das ist mein Leib für Euch. Das ist das Blut des neuen Bundes, des neuen Testamentes für euch vergossen zur Vergebung der Sünden. 

Im Griechischen steht für Bund ein Wort, das in seiner Hauptbedeutung als „Testament“ zu übersetzen ist (gr. Diatäkä statt hebr. Berit; vgl. Theol. Wörterbuch zum NT). Ein Testament, das ist eine einseitige Willenskundgebung. Kein zweiseitiger Vertrag mit Rechten und Pflichten. Das ist der Wille Gottes: die Vergebung unserer Sünden sagt Jesus. Sein Sterben zeigt uns, dass Gott schon das erste Kennzeichen dieses neuen Bundes wahrgemacht hat. Als Geschenk. 

Das Neue hat begonnen, und Jesus hat uns ein Zeichen für diesen neuen Bund geschenkt: Unter dem Regenbogen des Noahbundes teilen wir Christinnen und Christen Brot und Wein. 

Und was ist mit dem zweiten und dritten Kennzeichen des Bundes? Als Jesus diese Welt betrat, da war plötzlich klar, wie der von Jeremia geschaute Mensch wohl sein müsste – mit Herz und Hirn verankert in Gottes gutem Willen. Und Jesus will die Menschen ins einen Bann oder besser: in den Bund Gottes ziehen. Anstecken will er uns mit seinem Weg der Liebe und des Gottvertrauens. Welch Segen, wenn alle zu solchen Menschen werden könnten. 

„Nun stehen wir ja vor dem Pfingstfest. Auch damals haben Menschen unterschiedlichster Coleur am eigenen Leib die umgestaltende Kraft Gottes erfahren. Wo der Geist Gottes Mensch ergreift, wo sich Gottes Wille in das Herz und die Gedanken der Menschen schreibt, geschieht Veränderung: Die Sichtweise der Welt verändert sich und das Herz weiß manchmal schon vor dem Kopf: Gott will das Leben. Sollten wir uns von diesem Geist nicht auch ergreifen lassen, damit Visionen wie die des Jeremia in dieser Welt Gestalt annehmen können?“ (Birgit Aschoff). 

„Sicherlich machen wir auch noch viele Fehler als Christen. Aber auch wenn wir es selber vielleicht gar nicht so deutlich wahrnehmen verändert sich unser Leben immer mehr in die richtige Richtung. Dies geschieht weil Gott mit seinem Geist in uns wirkt.“ (Daniel Paulus) 

Die Vollendung steht freilich noch aus. Zusammen mit dem Gottesvolk der Juden warten wir darauf, dass sich die Verheißung Jeremjas einmal ganz und gar erfüllt. 

Liebe Jubelkonfirmandinnen und Jubelkonfirmanden, 

damals bei ihrer Taufe, da hat Gott mit Ihnen einen Bund geschlossen. Damals bei ihrer Konfirmation haben Sie ihr Ja zum Taufbund, zu Gott gesagt. Und ganz egal, was zwischendurch war, ganz egal, welche Geschichten ihr Leben und ihr Glaube schrieb: Gott hält an seinem Bund fest. Heute zur Jubelkonfirmation „hat uns der Prophet Jeremia an eine alte Geschichte Israels erinnert. Wir werden aber auch erinnert an eine lange Geschichte der Güte Gottes mit uns selbst. Und diese soll weitergehen. Mit jedem von uns.“ (G. Preiser). 

So gehört zur heutigen Jubelkonfirmation der Aufblick zu dem, der uns immer wieder gut ist, verbunden mit einer großen Dankbarkeit für den bisher empfangenen Segen. Und dazu gehört doch eigentlich auch wieder neu die eigene Entscheidung, bewusst in diesem Bund und mit Gott zu leben. Deshalb ist heute auch die Gelegenheit, dieses Ja zu erneuern oder wieder ganz neu zu sagen. 

Und auch Gott erneuert sein Versprechen. Auch Gott schenkt Dir heute neu seinen Segen. Das heißt: Er verspricht Dir, stets an Deiner Seite zu sein. Du darfst ihm all Deine Sorgen und Nöte, Deine Beschwerden und Ängste anvertrauen. Er wird Dir Kraft für Deinen Weg geben. 

Und damit gehört zur Jubelkonfirmation auch „ein Ausblick nach vorn. Gott will mit uns sein. Und wir sollen sein Volk sein. Bis wir einmal ganz bei ihm sind. Wenn er alles neu macht und die Welt vollendet. Da wollen wir doch dabei sein.“ (G. Preiser) Amen. 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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