Gottesdienst in der Osternacht - 21. April 2019

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St. Johannis

Predigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Der Herr ist auferstanden"

Predigttext 1.Thess 4,13-18 

Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt: Christus Jesus, unserm Herrn. Amen. 

Liebe Ostergemeinde, Maria ist voller Freude! Jesus lebt! Der Tod ist besiegt! Großartig, wenn diese Auferstehungsfreude einen Menschen so erfüllt und gewiß macht. Aber manch einem geht’s anders: Kennen Sie diese Angst, liebe Gemeinde, diese Angst vor dem Tod? Wie jener Mann, der ganz am Anfang in der dunklen Kirche von sich erzählt hat? Der Gedanke: Irgendwann ists aus mit mir, mein Leben einfach vorbei. Und damit verbunden das Gefühl der Hilflosigkeit, ja existentieller Angst? 

Dann sind sie in guter Gesellschaft. Denn den Menschen in Thessalonich gings vor rund 2000 Jahren nicht anders. Auch sie hatten diese Angst. Die Angst, was mit den Verstorbenen passiert, die vor der bald erwarteten Wiederkunft Jesu sterben, und die Sorge, was nach dem eigenen Tod mit einem geschieht. 

Paulus hat davon gehört, was die Menschen in dieser Gemeinde bewegt, und schreibt ihnen einen Brief, den wir heute als den 1.Thessalonicherbrief bezeichnen. Hört die ersten Verse des diesjährigen Predigttexts für die Osternacht aus dem 4. Kapitel, Vers 13 und 14: 

Wir wollen euch aber, Brüder und Schwestern, nicht im Ungewissen lassen über die, die da schlafen, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm führen.

1. 

Habt ihr es gehört? Ganz klar und einfach. In einem einzigen Satz bringt Paulus es auf den Punkt: Wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm führen. 

Das heißt: Ostern hat Folgen. Und zwar für uns: Wenn – dann. 

Wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist : 

Glauben wir das, liebe Gemeinde? Dass er am Kreuz gestorben ist, das zieht kaum einer in Zweifel. Das ist historisch gut verbürgt. Und dass er auferstanden ist? Gibt’s dafür irgendwelche Beweise? Ich meine ja: Zum Ersten das leere Grab. Wäre es voll gewesen, hätten das die Feinde der Christen sehr leicht überprüft und Gegendarstellungen geschrieben. Das hätten die Anhänger Jesu nie einfach nur so behaupten können. Das kann kein fake sein. Aber genügt ein leeres Grab allein als Beweis? Maria Magdalena hat ja selbst vermutet, dass den Leichnam jemand geklaut haben könnte. Darum zweitens: Jesus wurde gesehen. Von Maria und den anderen Frauen, von Petrus und den anderen Jüngern, und von noch vielen anderen, von denen die Bibel erzählt. So viele können sich das nicht einfach nur eingebildet haben. In der Grundschule hatten wir kurz vor den Osterferien im Religionsunterricht auch die Auferstehung Jesu dran, in der 2.Klasse. Da hat ein Mädchen gefragt: Lebt der Jesus denn heute noch? Und die Antwort, die wir darauf gefunden haben, ist das Dritte: Wir sehen Jesus zwar heute nicht, aber wir erleben, wie er wirkt: in unserem Leben, in der Kirche und in der Welt. Wir spüren seine Gegenwart, wenn wir beten und Gottesdienst feiern. Er ist als Auferstandener gegenwärtig. 

Wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist – ja, lieber Paulus, das tue ich – dann wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm führen. So einfach ist das. Darauf haben die Christinnen und Christen von Anfang an vertraut. 

2. 

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Ein schönes Beispiel dafür sind die Osterikonen der orthodoxen Kirchen. Eine solche Ikone habe ich Ihnen vorne aufs Liedblatt drucken lassen. „In der ostkirchlichen Ikonographie wird unter dem Begriff Auferstehung weder das leere Grab, noch tatsächlich das Auferstehen Jesu Christi dargestellt, sondern dessen Konsequenz. Die Auferstehung Jesu ist mehr als sein individuelles Schicksal, sie ist die Voraussetzung für das Hinüberreichen des Heils über den irdischen Tod hinaus. Dargestellt wird auf den Osterikonen Christus, wie er auf den aus den Angeln gehobenen Pforten der Hölle steht und sich herabbeugt, um Adam und Eva aus dem Totenreich herauszuziehen. Das ist es, was Paulus den Thessalonichern und uns vor Augen stellt: Jesus Christus selbst wird die Toten herausreißen und zur Gemeinschaft mit Gott führen. “ (DpfBl 2019) 

Auf dieser Ikone steht er siegessicher und selbstbewußt, der Sieger über den Tod. Vor der blauen Weltkugel, der die Erlösung gilt. Adam und Eva zieht er mit großer Kraft empor. Die ersten Menschen, also auch die ersten, die gestorben sind zuerst. Und mit ihnen uns alle, sind gerade die beiden doch ein Symbol für die ganze Menschheit. Das Tor ins Totenreich ist zerbrochen, ein für alle mal. Wer genau hinschaut, sieht unten als Schattengestalten die Toten, die von zwei Engeln geweckt werden. Christus zieht sie alle herauf. Und um die Weltkugel herum, da warten sie schon, diejenigen, die das Heil schon schauen dürfen: Johannes der Täufer, die Könige David und Salomo und andere Gerechte des Alten Testaments. Und ganz oben halten die Engel das leere Kreuz, das zum Triumpfkreuz wurde, Zeichen des Opfers Jesu und sogleich Zeichen der Erlösung. 

Mich beeindrucken diese orthodoxen Osterikonen. Sie verkünden uns: Ostern betrifft dich. Auch dich zieht Christus heraus aus dem Totenreich. 

3. 

Wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm führen. 

Woher hat Paulus, haben wir Christen diese Gewissheit? Ich denke, das hat auch mit der Taufe zu tun: In der Taufe hat Gott sich ganz eng an uns gebunden, uns mit sich verbunden, und jedem einzelnen getauften Menschen zugesagt: Ich bin bei dir! Egal was kommt! 

Darin liegt auch der Grund, warum früher traditionell in der Osternacht so viele Taufen stattfanden: Wer getauft ist, der ist mit seinem Herrn verbunden. Dem gilt Jesu Christi Tod und Auferstehung. So wie wir wie er einmal sterben werden, wird er, der mit uns verbunden ist, uns auch im Tod nicht im Stich lassen, sondern uns aus dem Totenreich reißen und zu sich und zum Vater in den Himmel mitnehmen. 

Die Gewissheit, dass auch wir auferstehen werden, liegt letztlich in der Treue Gottes zu uns verborgen. Durch die Taufe gehören wir zu Christus, und durch Christus haben wir ewiges Leben!!! Deshalb werden wir in dieser Osternacht auch noch unserer Taufe gedenken. 

Also: Vertrauen wir auf das, was Paulus sagt: Wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm führen. 

4. 

Aber wie wird das genau passieren, mit der Auferstehung? 

Ich hätte nichts dagegen, das etwas genauer zu wissen. Paulus hat eine Idee, die er in den folgenden Versen unseres Predigttextes ausführt, ich lese die Verse15-17: 

Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zum Kommen des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Ruf ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und die Toten werden in Christus auferstehen zuerst. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft. Und so werden wir beim Herrn sein allezeit. 

Paulus stellt sich das also so vor: Gott reißt zuerst die Toten aus den Gräbern, und danach werden die Auferweckten und die Lebenden zugleich zur Gemeinschaft mit Gott geführt. Aber wie egal, wie Gott das genau anstellen wird: Entscheidend ist nicht das wie, sondern das dass! 

5. 

Und das hat Folgen fürs hier und heute: Die erste nennt Paulus im letzten Vers unseres Predigttextes: So tröstet euch mit diesen Worten untereinander. 

Ja, diese Frohe Botschaft nimmt Angst. Zuallererst die Angst vor dem Tod: Der Tod muss uns nicht schrecken, ist er doch nur der Durchbruch zu etwas Neuem, zu einer neuen Form der Existenz bei Gott. Und diese frohe Osterbotschaft nimmt zugleich die Angst vor dem Leben. Denn auch Lebensangst gibt es unter uns: wenns nicht so läuft, wie geplant, wenn eine Krise dazwischenkommt, familiär, gesundheitlich, beruflich. Wenn man nicht weiß, wie es gut weitergehen kann. Gerade auch mitten im Leben erweist die Auferstehungsbotschaft ihre Kraft: denn Christus ist lebendig, und er wirkt mitten unter uns, er lässt uns nicht nur am Ende einmal auferstehen, sondern auch immer wieder mitten im Leben. 

Ostern, das ist ein Fest für uns: auch unser Leben siegt über den Tod, auch in uns und mit uns siegt das Licht über die Finsternis. Immer wieder. Und einmal am Ende der Zeiten. Denn Christus zieht uns heraus: aus dem, was uns hier auf Erden gefangenhält, und zuletzt auch aus dem Reich der Toten. 

Amen. 

Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Amen.