Ostergottesdienste im AWO, in St. Johannes (1. April) und in der Bergkirche Höhn (2. April)

Bildrechte beim Autor
AWO, St. Johannis,
Bergkirche Höhn

Predigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Halleluja"

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen. 

Liebe Gemeinde, 

um die Auferstehungsfreude auszudrücken, gibt es den alten Brauch des Osterlachens, wobei der Pfarrer seine Gemeinde zu Beginn der Predigt durch Witze oder lustige Verse zum Schmunzeln brachte. Denn Christus ist auferstanden, und dem Teufel ist dabei das Lachen vergangen, den Gläubigen aber ganz im Gegenteil: Lachen drückt die Osterfreude aus. Auch für den Himmel verspricht Christus: „Ihr werdet lachen!“ (Lukas 6,21) 

Also auch zu Beginn meiner Predigt (wieder) ein Osterwitz: 

Die Religionslehrerin fragt: „Na, wer war denn Ostern in der Kirche – und wie hat es Euch gefallen?“ – Darauf Fritz: „Oh, stinklangweilig, der Pfarrer hat so lange gepredigt.“ – Theo: „Die eintönige Musik ist echt nicht so mein Ding.“ – Dann meldet sich Julia begeistert zu Wort: „Ich fand es ganz toll. Die Leute haben ständig gesungen: Hallo Julia, Hallo Julia, Hallo Julia.“ 

Zwei Bemerkungen zu diesem Witz: Zum einen wäre es schön, wenn auch aus meiner Reli-Klasse so viele an Ostern in die Kirche gehen würden. Und zum anderen freut es mich genauso wie Julia, dass wir an Ostern ständig Hallo Julia singen, oder besser: Halleluja. Halleluja – ein staunendes Lob Gottes für das, was er getan hat. Halleluja, der Tod ist besiegt. Seit 2000 Jahren dürfen wir als Christen so jubeln und so feiern. 

Aber oft, da merkt man von der Freude dieser Botschaft wenig, auch im Leben eines Christen nicht. Was hat eine Frau aus unserer Gemeinde einmal gesagt? „Wenn ich dann tot bin, dann liegt meine Urne in der Wand, und dann wars das mit mir!“. Alles aus. Keine Hoffnung. Was bleibt von meinem Leben? Nichts außer dem Fach in der Urnenwand. Vermeintlicher Realismus. Und sehr weit weg von Ostern. 

Und auch mitten im Leben gibt es das, dass Menschen keinen Hoffnungsschimmer sehen. Unser neuer Gesundheitsminister meint ja, dass Hartz IV zum Leben reicht. Ja, es verhungert bei uns schon keiner. Aber er sollte mal durch unsere Gemeinde spazieren, mal zur Suppenküche kommen, dann würde er mitbekommen, wie manch einer kämpfen muss, um alles auf die Reihe zu kriegen, besonders dann, wenn mal Sonderdinge anstehen wie eine etwas teurere Zahnbehandlung. Da ist manch einer verzweifelt und sieht nicht, wie er sein Leben jemals wieder in den Griff bekommen soll. Auferstehung, neues Leben – schön wärs! 

Oder jener Mann, der mit der Familie zerstritten ist, und jetzt, wenn das Alter kommt, keinen mehr hat, weil eben der Kontakt abgebrochen ist. Längst bereut er seinen Anteil an der Geschichte. Aber er es ist zuviel geschehen, um auf die Kinder zugehen zu können, meint er. Kein Halleluja, keine Hoffnung. Manche Menschen leben nicht, sondern existieren nur noch. 

Wars das dann? Ist wirklich alles aus? Manchmal sogar schon im Leben? Und erst recht am Ende? 

Hört auf die Worte, die uns vom Apostel Paulus in unserem Predigttext für das Osterfest 2018 überliefert sind. Sie stehen im 1.Korintherbrief im 15.Kapitel- ein Kapitel übrigens, das jeder einmal in Gänze gelesen haben sollte, dann da fasst Paulus alles zusammen, was wir Christen über die Auferstehung wissen. In den Versen 50-58 schreibt er uns: Das sage ich aber, liebe Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« 56 Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! Darum, meine lieben Brüder und Schwestern, seid fest und unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, denn ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn. 

I. 

Paulus redet hier von Zukunft. Von Verwandlung, von Unverweslichem, vom Überkleidet-Werden, vom Fest-Stehen im Leben. Warum kann er so überzeugt von einer guten Zukunft sprechen, so ohne jeden Zweifel? Paulus weiß das, weil er um Ostern weiß, weil er weiß, was an Ostern geschehen ist, und was das für uns alle bedeutet.Sah das mit Jesu Geschick nicht auch so hoffnungslos aus? Jesus - ein Störfaktor, den die Mächtigen beseitigen wollten, verhaftet, verurteilt, gegeißelt, ans Kreuz geschlagen. Wohl alle dachten damals: Das wars mit Jesus! Alles aus: sein Leben, seine Bewegung, aber auch seine Botschaft von der Nähe Gottes und der Liebe. In ein paar Monaten vergessen. Seine Jünger: allein zurückgelassen, wie Waisen. Ihre Aufgabe, der erst neu gefundene Sinn ihres Daseins – weg. Das wars dann also… 

Doch dann am dritten Tag: Da kamen die Frauen zum Grab und fanden den Stein weggewälzt. Das Grab war leer! Was war geschehen? Der Engel erklärt: Jesus ist auferstanden! Und tatsächlich erscheint er kurz darauf Maria Magdalena, dann zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, dann allen Zwölfen, und dann noch vielen anderen seiner Weggefährten. Das leere Grab und Begegnungen mit dem lebendigen Christus. Damit ist plötzlich alles klar: Christus ist wahrhaftig auferstanden! Der Tod ist besiegt! Gott hat seinem Sohn Zukunft geschenkt. Damit ist Hoffnung in die Welt gesetzt – Hoffnung oft gegen allen Augenschein. Hoffnung auch dann, wenn man meint, es ginge nicht mehr weiter. Wir haben eine Perspektive. Deshalb kann Paulus gar nicht anders als von der Zukunft zu reden. 

II. 

Und deshalb stimmt er ein Jubellied an, und zitiert in diesem Osterlied die Hoffnung der Propheten Hosea und Jesaja, die nun erfüllt wurde: »Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«. Der Tod ist verschlungen, hinuntergeschluckt, weg damit. Hat Paulus wirklich recht? Sagt uns nicht unsere Erfahrung, dass es eher umgekehrt ist: Der Tod verschlingt uns? Ja, der Tod hat einen Stachel. Etwas, das sich in uns hineingebohrt hat und uns schmerzt. Welches ist dieser Stachel, den der Tod hat? Die meisten würden wohl sagen: dass eben das Leben zu Ende ist. Dass man nicht genau weiß, ob und was dann kommt. Die Angst, es könnte alles aus sein mit mir. Paulus aber sieht einen anderen Stachel, und wenn wir ihn hören, merken wir, wie sehr sein Denken von seinem Glauben, von der alttestamentlichen Tradition geprägt ist: „Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.“ 

Paulus meint also: Wir sterben nicht einen natürlichen Tod, sondern wir empfangen „der Sünde Sold“. Ich erinnere an die Geschichte von Adam und Eva im Garten Eden, der verlorenging. Der Tod als Strafe für die Sünde. So ähnlich war das über viele Jahrhunderte auch im Rechtsdenken vieler Gesellschaften: Auf große Schuld stand die Todesstrafe. Und leider ist das in manchen Ländern immer noch so. Schuld und Tod stehen in einem Zusammenhang. 

Und ist es nicht wirklich so, dass menschliche Schuld sich immer wieder tödlich auswirkt? Streit und Unversöhnlichkeit etwa, die wie bei jenem Mann, von dem ich eingangs erzählt habe, eine Beziehung zum Sterben gebracht haben und damit die Nähe zu den Menschen, die ihm eigentlich wichtig sind. Streit und Unversöhnlichkeit, die an ihm so sehr zehren, dass in ihm etwas stirbt und er eine dunkle Zukunft vor Augen hat. 

Aber auch gesellschaftliche Rahmenentscheidungen können sich tödlich auswirken: Wenn eben bei jemandem Hartz IV nicht reicht, weil seine Situation sehr besonders ist, und er durchs vorgegebene Schema fällt. Da wird ihm ein einigermaßen lebenswertes Leben unmöglich gemacht. Ich kenne Betroffene, die keinen Weg mehr sehen, jemals wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. 

Aber auch eigenes Versäumen kann sich für einen selbst tödlich auswirken: Um beim Beispiel mit Hartz IV zu bleiben: Wenn ich eben beratungsresistent bin, meiner Eigenverantwortung, die ich habe, nicht nachkomme, und das, was ich ändern könnte, nicht ändere, dann schaufele ich mir selbst mein Grab respektive bin selbst mit Schuld, wenn ich keine Hoffnung mehr sehe und sich nichts ändert. 

Der Stachel des Todes aber ist die Sünde. Ja, da gibt es einen Zusammenhang. Gäbe es das Schuldigwerden nicht, dann wäre vieles in unserer Welt und im Leben der Menschen nicht so ganz hoffnungslos. 

Muss das so bleiben? Dem Tod und der Sünde ins Angesicht beruft sich Paulus auf den, der den Sieg gibt und stimmt ein Jubellied an: »Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! Jesus Christus hat sich durch sein Sterben mit den Sündern solidarisiert und Gott hat ihn und sein Werk in der Auferstehung bestätigt. Dadurch ist der Zusammenhang von Sünde und Tod durchbrochen. Vergebung und Umkehr und Erneuerung sind möglich. Es muss keinen tödlichen Ausgang mehr geben, es gibt Zukunft. Dieser Sieg Jesu hat also ganz direkte Auswirkungen auf unser Leben, mit Paulus: Darum, meine lieben Brüder und Schwestern, seid fest und unerschütterlich. 

Festsein, das ist es, was Ostern schenkt. Fest sein im Leben, weil wir den Sieger auf unserer Seite wissen. Keine Situation im Leben muss hoffnungslos sein. Paulus kann gar nicht anders, als von der Zukunft zu reden. Die Jünger Jesu haben das erlebt. Mitten in ihrer Trauer und Zurückgezogenheit gibt Ostern ihnen neue Kraft, Energie. Geistbegabt ziehen sie hinaus in die Welt, um das, was da geschehen ist, zu bezeugen. Auch wir erleben das immer wieder, dass der auferstandene Christus uns die Kraft verleiht, fest zu sein. 

- An Ostern sagt Paulus zu dem Mann, der mit seiner Familie zerstritten ist: „Sei fest“. Tu den ersten Schritt. Nimm wieder Kontakt auf. Entschuldige dich für deinen Anteil an der Misere. Und so Gott will wirst du erleben, wie etwas aufbricht und sich zum Guten verändert. 

- An Ostern sagt Paulus zu dem, der mit seinem Hartz IV kaum zurechtkommt: „Sei fest“. Gib die Hoffnung nicht auf, dass es besser wird und du zurechtkommen wirst. Sei fest, und greife aber auch dein Leben selbst an, ändere, was Du kannst. Ich kenne auch Hartz IV-Empfänger, die trotz ihrer Situation sehr fest sind, und in ihrem Mangel sich anderer Menschen annehmen, mit Rat und Tat und Zeit und sogar Geld. An Ostern sagt Paulus aber auch unserem Gesundheitsminister: „Sei fest“. Du hast nichts zu verlieren, wenn Du die Regelungen immer wieder überprüfst, ob sie angemessen sind, und sie notfalls auch mal veränderst. 

- An Ostern sagt Paulus zu jedem von uns: „Sei fest“ in den Dingen, die dich und deine Lieben bewegen. Sei fest, denn Christus, der Sieger über den Tod, ist auf deiner Seite. 

III. 

Für viele nun die entscheidende Frage: Gilt das auch am Ende meines Lebens? Was wird da sein? „Wenn ich dann tot bin, dann liegt meine Urne in der Wand, und dann wars das mit mir!“. Oder doch nicht? Paulus redet von der Zukunft. Doch er spricht auch von einem Bruch: Das ewige Leben ist nicht eins zu eins eine Verlängerung des Lebens, wie wir es hier hatten. Paulus sagt das so: 

„Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit.“. Das war v.a. für die Korinther damals eine wichtige Frage, dachten doch viele, der Herr komme noch zu ihren Lebzeiten vom Himmel herab und läßt sein Reich für alle sichtbar anbrechen, und ihr Leben würde sich einfach so verlängern. Jeder Todesfall war da eine Anfechtung für die Gemeinde. Jedoch sagt Paulus: Es kommt auf dasselbe hinaus, ob man zu seinen Lebzeiten die Wiederkunft Jesu erlebt, oder ob man durch den eigenen Tod zu Gott kommt. So gesehen ist die Erwartung der Korinther, dass Christus in Kürze (wieder) kommt, auf jeden Fall richtig: „Länger als einige Jahrzehnte hat es noch für keinen gedauert und wird es für keinen dauern, bis es zum Überschritt in die Welt der Auferstehung kommt.“. 

Was haben wir alle also einmal zu erwarten? 

Paulus sagt: Die Toten werden zur Zeit der letzten Posaune, also zum Zeitpunkt der Wiederkunft Jesu unverweslich auferweckt werden. Die es erleben, können aber auch nicht bleiben, was sie sind, sie werden „verwandelt“. Verwandelt, das heißt, dass es ganz anders sein wird: Wer am Reich Gottes Anteil gewinnen will, der muss künftig nicht nur anders denken, wollen, streben und handeln, sondern auch etwas anderes sein. Zwei Bilder verwendet Paulus hier: Er spricht von Verwandlung und vom Anziehen eines neuen Kleides: Das Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit und Unverweslichkeit. 

Beide Bilder enthalten zweierlei: „Einmal: Wir können – und Gott sei Dank – wir werden nicht bleiben, wie wir sind. Zum anderen: Wir werden dennoch bleiben, die wir sind. Gott wird mich nicht durch einen anderen ersetzen und mich fallenlassen: Ich werde auferstehen! Christus ist ja als Auferstandener immer noch Jesus.“ Wie tief auch immer die Verwandlung sein wird, die Identität meiner Person bleibt gewahrt. 

Gott wird unseren natürlichen Leib verwandeln, dass er dem Auferstehungsleib Jesu gleich werde. Und was uns widerfährt, das wird der ganzen Schöpfung widerfahren, Johannes sieht in einer großen Vision den neuen Himmel und die neue, verwandelte Erde. Bei unserem heutigen Predigttext haben wir es mit einem Herzstück der Auferstehungspredigt des Paulus zu tun, hier wird er so konkret wie kaum sonst. 

Paulus weiß, dass es selbst im Tod Zukunft gibt. Deshalb stimmt er das freudige Triumpflied an: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel? Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!“. 

Ich komme zum Ende: 

„Wenn ich dann tot bin, dann liegt meine Urne in der Wand, und dann wars das mit mir!“. Wars das dann? Nein! 

Die Inschriften auf manchen Gräbern führen in die Irre. Ab und an lese ich: „Hier ruht xy“. Aber er ruht hier gar nicht, es muss heißen: „Hier ruhen die sterblichen Überreste von xy!“. Denn er selber ist verwandelt, hat das unvergängliche Kleid angezogen, ist auf ewig bei Gott. Auch deswegen singen wir heute an Ostern unser großes Hallo Julia, pardon: Halleluja! Amen. 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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